„Wer zahlt, schafft an – seit Jahrzehnten gepflegte Praxis“
Lesergedanken über das Verhältnis zwischen Politik und (Boulevard-)Medien. Eine Leserin geht bis in das Jahr 1983 zurück, um Beispiele mit Protagonisten verschiedener Couleur anzuführen.
„Wie Regierungen den Boulevard finanzieren“, 8. 10.
April 1983: Ein nachweislich verfälschtes Interview (!) mit Herbert Fux (Vereinte Grüne Österreich) in der Zeitschrift „Basta“führte zu parteiinternen Streitereien und dadurch zu einem schlechten Abschneiden der VGÖ. „Basta“Gründer waren die Gebrüder Fellner. Fux beschuldigte nach dem verfälschten Interview offen die SPÖ. Aus der inhaltlichen Stoßrichtung der Artikel und aus der Streuung der Inserate schloss er auf eine gezielte „ferngesteuerte politische Aktion der Regierungspartei“.
Vor allem die Wiener SPÖ war von Anfang an „Schlüsselfinanzier“der Fellner-Medien und anderer Boulevardzeitungen. Unter Faymann als Wiener Wohnbaustadtrat stiegen die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit im Bereich geförderter Wohnbau auf 2,5 Millionen Euro allein für das Jahr 2004. Im selben Jahr wurde die Gratiszeitung „Heute“von Faymanns langjährigem Pressesprecher Wolfgang Jansky mitbegründet.
Die Politikwissenschaftler Lore Hayek und Günther Lengauer wiesen nach, dass bei der Nationalratswahl 2008 ein signifikanter Zusammenhang zwischen Inseratenvolumen und redaktioneller Berichterstattung bei „Heute“und „Österreich“feststellbar war. Profiteure waren damals Faymann (SPÖ) und Strache (FPÖ). Laut Ö1 investierte 2015 allein die Stadt Wien 11 Millionen Euro an Steuergeldern für Werbeeinschaltungen in drei Boulevardblättern – vom damaligen Klubobmann der Wiener Grünen „die drei Währungen der SPÖ“genannt: „Kronen Zeitung“, „Heute“und „Österreich“.
Karin Kneissl sprach von „Schutzgeld“, das Politiker an manche Medien zahlen müssten, um nicht „zerrissen“zu werden. Christian Kern, der 2017 aus dem Kanzleramt mehr als 1,5 Millionen Euro für Inserate in „Kronen Zeitung“, „Heute“und „Österreich“investierte, berichtete von „Meuchelfotos“im Boulevard, als er politische Forderungen von Herausgebern nicht erfüllen wollte. Die Vorwürfe gegen Sebastian Kurz und sein Umfeld wiegen schwer. Aber lassen wir die Heuchelei – „Wer zahlt, schafft an“ist in Österreich seit vielen Jahrzehnten gepflegte Praxis.
Graz ist, als sie dies bis jetzt wahrgenommen haben. (Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten!)
Auch wenn es „nur“eine Zeitung betrifft und die Chefredakteurinnen und Chefredakteure anderer Medien sofort ihre Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit klarstellen, so wurde der Ruf der Medienbranche beschädigt! Interessant ist diesbezüglich die Aussage eines Chefredakteurs, der die Allianz zwischen Regierung und Boulevard als Fehlbildung bezeichnet, ihr Geschäftsmodell laute „Cash gegen Wohlverhalten“. Auf alle Fälle ist es zu begrüßen, dass die Chefredakteure der wichtigsten österreichischen Zeitungen nicht nach dem Motto „eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“handeln, sondern dass sie den Mut gefunden haben, öffentlich über die Verflechtungen zwischen den Medien und den Regierenden zu berichten.
Villach die ja auch ihre Finanzspritzen bekommen, stets in ihrer Berichterstattung unabhängig?
Wo bleibt die Berücksichtigung Andersdenkender; zum Beispiel in der Coronafrage. Wo bleibt der diverse Dialog? Wo bleiben Andersdenkende? Ich denke, die Medien sollten sich wieder einmal, unabhängig vom Mainstream und unabhängig von finanzieller Unterstützung diverser Gruppen ihrer maßgeblichen Verantwortung bewusst werden.
Graz