SchallenbergsTV-Marathon: „Bild“hatte das Vorrecht
Bundeskanzler Schallenberg sieht keinen Grund für eine Entschuldigung. Kurz wird heute im Nationalrat angelobt.
Das war dann doch sehr verwunderlich. Zwei Tage nach seiner Angelobung startete Bundeskanzler Alexander Schallenberg gestern seinen ersten Interview-Marathon. Am Nachmittag gaben sich allerdings nur Fernsehteams im Kanzleramt die Klinke in die Hand, die Tageszeitungen dürfen erst am Freitag ihre Fragen an ihn richten. Heute weilt Schallenberg in Brüssel und trifft Kommissionspräsidentin
wie auch
Ursula von der Leyen Charles Michel.
Ratspräsident
Die meisten TV-Interviews wurden in den späten Nachmittagsstunden aufgezeichnet und im Laufe des Abends ausgestrahlt. Den Anfang machte um 16 Uhr ZiB 2-Anchorman
Die Idee, das Interview im Zuge einer Sondersendung zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr, also vor der ZiB 2, auszustrahlen, wie das bei Altkanzler in der Hochphase von Corona der Fall war, wurde am Küniglberg wieder verworfen. Für Puls 4 nahm Chefredakteurin Corinna
den neuen Kanzler, für ATV in die Zange. Puls 24 brachte das Interview zur besten Sendezeit, als weiterer Gesprächspartner nahm Ex-Gesundheitsminister
im
Platz.
Das allererste Interview des frisch gebackenen Bundeskanzlers ging allerdings auf Bild-TV auf Sendung – um 17.30 Uhr live aus dem
Studio
Kanzleramt. Der stellvertretende Chefredakteur der BildZeitung und Kurz-Biograf Paul Ronzheimer tummelte sich bereits seit einigen Tagen in der Bundeshauptstadt. Beim Interviewreigen dabei war auch der Sender von der tief in die aktuelle Causa verwickelt ist, wesentlich zur Regierungskrise beigetragen hat und auch als Beschuldigter geführt wird. Das Interview absolvierte Innenpolitiker Isabel Daniel.
So gesehen führt der neue Kanzler die Anbiederungspolitik des Vorgängers gegenüber dem deutschen wie auch dem österreichischen Boulevard nahtlos fort.
Im Interview mit Bild-TV verneinte Schallenberg, dass es im Ausland einen Imageschaden gebe. „Ich bin auf meinen Auslandreisen nie auf das Thema angesprochen worden.“In allen gestern geführten TV-Interviews, auch auf Servus TV, verteidigte Schallenberg seine umstrittene Aussage, wonach er die strafrechtlichen Vorwürfe gegen seinen Vorgänger für falsch hält. „Das ist meine persönliche Meinung.“Als gelernter Jurist wolle er der Justiz nicht vorgreifen. Manche Strafrechtsexperten seien auch der Ansicht, dass die Suppe zu dünn sei.
Der Karrierediplomat wischte in der ZiB 2 den Vorwurf zurück, er sei als Platzhalter eingesetzt worden. „Ich bin ohne zeitliche Befristung angelobt worden.“Ob er den Platz räumen werde, sollten sich die Vorwürfe gegen Kurz in Luft auflösen, sei eine hypothetische Frage. An der moralischen Integrität des ÖVPChefs ließ er keine Zweifel.
Der neue Kanzler sieht keinen Grund, sich für die ÖVPChats, die Kurz zum Rücktritt gezwungen haben, zu entschuldigen, wie das Bundespräsident
Bellen getan hat. „Ich war nicht Teil dieser Chats, ich war nicht Teil dieser Prozesse. (...) Ich sehe jetzt aus meiner persönlichen Warte als Bundeskanzler Alexander Schallenberg nicht das Bedürfnis, dass ich mich jetzt entschuldigen müsste“, so Schallenberg bei ATV.
Drei Tage nach seinem Rücktritt als Kanzler zeigt sich der ÖVP-Chef heute erstmals wieder der Öffentlichkeit. Am Vormittag wird Sebastian Kurz als Abgeordneter im Hohen Haus angelobt. Gerüchte, er würde doch nicht in den Nationalrat einziehen, haben sich als falsch erwiesen.