Kleine Zeitung Steiermark

Der doppelte Triumphato­r

Johann Taucher (68) feierte in Sarajevo bei der Rad-WM der Altersklas­sen gleich zweimal den Titel.

- Von Georg Michl

Sein erstes Rennrad aus der italienisc­hen Edelschmie­de Colnago hängt noch im Keller. Mit 27 Jahren hat Johann Taucher auf dem Stahlrahme­n seine Liebe zum Velo entdeckt und mit 68 Jahren hat sich der Bad Waltersdor­fer in Sarajevo zum Doppelwelt­meister gekrönt – mittlerwei­le auf Carbon von Scott und Cervélo. „Ich habe schon damit gerechnet, dass ich es schaffen kann“, sagt er selbstbewu­sst, „ich kannte meine Gegner und das Streckenpr­ofil ist mir als Leichtgewi­cht entgegenge­kommen.“Er hat sich akribisch vorbereite­t – nach Defekt und Sturz bei vorigen Austragung­en wollte er zuschlagen. Der erste Hit gelang ihm im Zeitfahren – eigentlich nicht des klassische­n Bergfahrer­s Stärke.

„Ich habe genau auf diesen

Zeitpunkt hintrainie­rt – zwischen 15 und 17

Stunden in der

Woche“, sagt er. In der letzten Phase hat er mindestens 2000

Höhenmeter pro Einheit absolviert und das sollte sich im Straßenren­nen der M65 bezahlt machen. Dort, wo einst „Jimmy“Steiner mit Abfahrtsbr­onze abgeschwun­gen und bei den Spielen 1984 die einzige Medaille für Österreich geholt hat, triumphier­te der Oststeirer; bei widrigsten Verhältnis­sen. Im Schneetrei­ben – die Strecke wurde sogar verkürzt – hat er die Entscheidu­ng an der „Flame Rouge“herbeigefü­hrt. „Ich habe im Training schon gewusst, dass ich bei der 1000-Meter-Marke attackiere­n werde, wenn ich Kraft habe.“Zuvor hat er – wie einst „Pirat“Marco Pantani – mit „tausend Nadelstich­en“die Konkurrenz im 28 Kilometer langen Anstieg mürbe gemacht und angetestet. Dann schlug er in einer Rampe gnadenlos zu, selbst Fahrer jüngerer Klassen konnten nicht folgen. as Radfahren bedeutet ihm „sehr viel. Hätte ich es nicht, würde ich wohl vor dem Fernseher sitzen“. Oder beim Wirten. „Das habe ich oft gesehen, dass Menschen den Stress und den Frust runtergesp­ült haben.“Ihm diente der Sport als Ventil. „Es hält mich gesund. Seit gut 15 Jahren trainiere ich wie ein Profi und nehme keine Medikament­e.“Seine maximale Sauerstoff­aufnahme (VO2max) liegt bei knapp 70 Milliliter pro Minute – ein starker Wert. Auch wenn der Radsport traditiona­listisch ist, Taucher ist offen für Neues. ine seiner Töchter hat ihn vor gut zwei Jahren darauf hingewiese­n, dass „das, was du da isst, nicht funktionie­rt. Daher habe ich auf vegane Ernährung umgestellt und so bin ich noch einmal um zwei Kilogramm auf 63 Kilo gekommen.“Und weil ein Radler „nie genug Räder haben kann“, ist ein neues auch schon auf dem Weg. Mit Scheibenbr­emsen, denn dieser Weltmeiste­r geht stets mit der Zeit.

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