„Die Frage ist, wer den Kronzeugen-Run gewinnt“
Die Kronzeugen-Regel könnte für mehrere Beschuldigte interessant sein. Doch die Zeit drängt gleich doppelt.
Die Meinungsforscherin ist wieder frei. Donnerstagfrüh wurde sie nach 48 Stunden aus der Haft entlassen. Die in der Inseraten-Affäre ebenfalls als Beschuldigte geführte Sophie Karmasin wurde noch nicht einvernommen. Beinschab, Karmasin oder Ex-Öbag-Chef
(für alle gilt die Unschuldsvermutung) könnten von der Kronzeugenregelung Gebrauch machen, heißt es in Anwaltskreisen. Die kann Beschuldigten unter Umständen eine Strafe ersparen.
Das Gesetz verlangt, dass Kronzeugen freiwillig an die Staatsanwaltschaft herantreten, ein „reumütiges Geständnis“ablegen und relevante Neuigkeiten bringen, die zur Wahrheitsfindung beitragen. Lässt sich die Staatsanwaltschaft darauf ein, wird sie die Ermittlungen gegen die Person einstellen und eine Diversion anbieten. Seit der Einführung vor zehn Jahren wurde die Regelung allerdings nur sehr selten angewandt. Bei Anwälten ist sie nämlich nicht sonderlich beliebt. Für ihre Mandanten kann es durchaus heikel sein, sich als Kronzeuge anzubieten: Wenn die Staatsanwaltschaft nämlich befindet, die Informationen sind unbrauchbar oder nicht neu, kommt die Kronzeugenregelung nicht zur Anwendung – aber der oder die Beschuldigte hat signalisiert, dass es Anlass für ein „reumütiges Geständnis“gäbe.
In der aktuellen Causa könnte es daher zu einem Wettrennen um die Kronzeugenregelung kommen: Wer als erster bereit ist, neue Informationen preiszugeben, hat die besten Chancen auf die Regelung. „Die Frage ist, wer den Kronzeugen-Run gewinnt“, sagt der Anwalt und Verfassungsrichter zur Kleinen Zeitung.
Ein Wettlauf findet auch gegen die Zeit statt: Die Kronzeugenregelung läuft nämlich mit Jahresende aus. Das Gesetz wurde 2011 befristet für zehn Jahre eingeführt. Im Regierungsprogramm ist die Kronzeugenregelung nicht erwähnt. Die Grünen wollen sie aber unbedingt beibehalten. Im Justizministerium von
(Grüne) wird daher an einem Entwurf gearbeitet, der dem Koalitionspartner vorgelegt werden soll. „Die Gespräche laufen“, bestätigt ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker: „Es wird zeitgerecht eine Lösung geben.“