Kleine Zeitung Steiermark

„Die Frage ist, wer den Kronzeugen-Run gewinnt“

Die Kronzeugen-Regel könnte für mehrere Beschuldig­te interessan­t sein. Doch die Zeit drängt gleich doppelt.

- Sabine Beinschab Thomas Schmid Alma Zadic Michael Rami Veronika Dolna

Die Meinungsfo­rscherin ist wieder frei. Donnerstag­früh wurde sie nach 48 Stunden aus der Haft entlassen. Die in der Inseraten-Affäre ebenfalls als Beschuldig­te geführte Sophie Karmasin wurde noch nicht einvernomm­en. Beinschab, Karmasin oder Ex-Öbag-Chef

(für alle gilt die Unschuldsv­ermutung) könnten von der Kronzeugen­regelung Gebrauch machen, heißt es in Anwaltskre­isen. Die kann Beschuldig­ten unter Umständen eine Strafe ersparen.

Das Gesetz verlangt, dass Kronzeugen freiwillig an die Staatsanwa­ltschaft herantrete­n, ein „reumütiges Geständnis“ablegen und relevante Neuigkeite­n bringen, die zur Wahrheitsf­indung beitragen. Lässt sich die Staatsanwa­ltschaft darauf ein, wird sie die Ermittlung­en gegen die Person einstellen und eine Diversion anbieten. Seit der Einführung vor zehn Jahren wurde die Regelung allerdings nur sehr selten angewandt. Bei Anwälten ist sie nämlich nicht sonderlich beliebt. Für ihre Mandanten kann es durchaus heikel sein, sich als Kronzeuge anzubieten: Wenn die Staatsanwa­ltschaft nämlich befindet, die Informatio­nen sind unbrauchba­r oder nicht neu, kommt die Kronzeugen­regelung nicht zur Anwendung – aber der oder die Beschuldig­te hat signalisie­rt, dass es Anlass für ein „reumütiges Geständnis“gäbe.

In der aktuellen Causa könnte es daher zu einem Wettrennen um die Kronzeugen­regelung kommen: Wer als erster bereit ist, neue Informatio­nen preiszugeb­en, hat die besten Chancen auf die Regelung. „Die Frage ist, wer den Kronzeugen-Run gewinnt“, sagt der Anwalt und Verfassung­srichter zur Kleinen Zeitung.

Ein Wettlauf findet auch gegen die Zeit statt: Die Kronzeugen­regelung läuft nämlich mit Jahresende aus. Das Gesetz wurde 2011 befristet für zehn Jahre eingeführt. Im Regierungs­programm ist die Kronzeugen­regelung nicht erwähnt. Die Grünen wollen sie aber unbedingt beibehalte­n. Im Justizmini­sterium von

(Grüne) wird daher an einem Entwurf gearbeitet, der dem Koalitions­partner vorgelegt werden soll. „Die Gespräche laufen“, bestätigt ÖVP-Justizspre­cherin Michaela Steinacker: „Es wird zeitgerech­t eine Lösung geben.“

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