Entlarvung mit Würmern und Larven
Die Kärntnerin Ines Doujak knöpft sich in der Schau „Geistervölker“Pandemien, Ekel und Konsum vor – punktgenau und verführerisch.
Schöne neue ekelige Welt: Die Pappmascheefrau in Rosa steht in der Mitte des großen Ausstellungsraums in der Kunsthalle Wien. Kopfüber gebückt, ohne Kleidung. Aus ihrem Hintern winden sich rotierend rosa Würmer. Ein Statement mit Aussagekraft – vor allem über den Humor der gebürtigen Klagenfurterin Ines Doujak. Ihr Kommentar: „Ekel ist für mich keine Komponente.“Poppige Kritik an Kapitalismus, Kolonialismus und Geschlechterrollen schon. Die Retrospektive mit dem mysteriös anmutenden Titel „Geistervölker“zeigt ihr ungemein vielfältiges OEuvre. Und ihre Bestandsaufnahme über Seuchen und soziale Ungleichheiten mogelt sich mit den grellsten Mitteln der Verführungskunst unverfroren in die tiefsten Gehirnregionen vor.
2016 startete die Konzeptkünstlerin ihre wundersam groteske Collagen-Serie Geistervölker, in der sie Ausschnitte aus medizinischen Büchern des 19. Jahrhunderts voller Beulen, Narben, Knochen und Pusteln mit Abbildungen von Würmern, Larven und Spinnen zu Wesen arrangiert. Es seien, erklärt Ines Doujak, „karnevaleske Körper“, die ihre Grenzen durch „Auswüchse oder Öffnungen“überschreiten würden.
In der nun vom Kollektiv „What, How and for Whom“ initiierten Schau sind manche dieser Geister als dreidimensionale Skulpturen zu erleben. Männchen, die Molotowcocktails in den Händen tragen oder Wesen mit deformierten Hoden-Hirn-Körpern auf der Ladefläche eines Pick-ups.
„Verzweiflungsökonomien“beleuchtet die Schattenseiten und Verzweiflungstaten, die aus illegalen Ökonomien wie Waffenoder Drogenhandel her
vorgehen mit Fakten, Zahlen und Zitaten. Arbeiten wie „Fliegenfriedhof“– gelbe Sitzmöbel mit titelgebenden Stoffen – oder ein Coronavirus-Vorhang aus Nacktschneckenfühlern rücken ökologische Ausbeutung in den Fokus. Inklusive Aktivismus: Eine Ratte auf Rädern mit Nagel im Kopf wird einmal die Woche zu einer Prozession ausgeführt – Menschenfang mit den Mitteln der Kunst.