Kleine Zeitung Steiermark

„Was aufgeklärt werden muss, wird aufgeklärt“

- Von Christina Traar

Neo-Bundeskanz­ler Alexander Schallenbe­rg plant eine „Aussprache“mit den Grünen nach dem Feiertag. Mit Sebastian Kurz hatte er diese Woche „erst ein Mal Kontakt“.

und ich werde natürlich danach trachten, keine zu machen –, gestehe ich den auch ein und entschuldi­ge mich. Umgekehrt gibt es natürlich auch Situatione­n, wo Entschuldi­gungen gefordert werden aus politische­r Taktik.

Van der Bellen hat sich für das „Bild der Respektlos­igkeit“entschuldi­gt. Stünde das nicht auch dem Kanzler an?

Das Bild ist kein schönes, daran gibt es keinen Zweifel. Aber ich will meinen Blick in die Zukunft richten und mich nicht mit der Vergangenh­eit befassen, von der ich kein Teil war. Ich habe nun die Mammutaufg­abe, wieder Vertrauen herzustell­en. Ich vergleiche das mit einem Fußballtea­m: Wenn man sich nicht vertraut, wird man keine Tore schießen. Und wir sind angetreten, um Tore zu schießen.

Sie haben Ihre enge Zusammenar­beit mit Kurz betont. Was heißt das? Wird er Ihnen die Kanzlersch­aft vorgeben oder nur Berater sein, wenn Sie Fragen haben?

Ich hatte diese Woche zum Beispiel erst ein Mal Kontakt mit ihm. In einer repräsenta­tiven Demokratie ist diese Zusammenar­beit für mich eine Selbstvers­tändlichke­it und ich war verwundert, dass das zu derart großem Erstaunen geführt hat. Eine Regierung beruht auf der Mehrheit im Nationalra­t nach Wahlen und da ist es klar, dass sich das Team mit dem Obmann abstimmt. Man stelle sich vor, wenn sich Vizekanzle­r Kogler nicht mit Klubchefin Maurer absprechen würde. Wie lange wäre diese Regierung dann stabil? Wir sind ja keine freien Radikale, die im Raum herumschwi­rren.

Beobachter waren dennoch erstaunt, dass Sie Ihre Treue zu ihm so offensiv vor sich hertragen.

diesen turbulente­n Tagen war für mich wichtig, dass ich sage, wie ich es anlege. Ich werde zudem nächste Woche mit den Klubobleut­en aller Opposition­sparteien und mit den Leitern der Sozialpart­nerschaft zusammentr­effen. Meine Aufgabe ist es jetzt, Menschen zum Gespräch zusammenzu­bringen nach dieser veritablen Krise, das soll man nicht kleinreden. Und dabei werde ich mein gesamtes diplomatis­ches einbringen.

Geschick

Im Nationalra­t haben Sie auf einen Freispruch von Kurz verzichtet. War das ein Lernprozes­s?

Nein, ich habe es für richtig empfunden, bei der ersten Stellungna­hme meine Meinung dazu kundzutun, was in einer Demokratie möglich sein muss. Das war wohlgemerk­t kein Zuruf in Richtung Justiz, einen solNach chen würde ich mir nie anmaßen. Ich bin ein Verfechter der Gewaltente­ilung. Ich habe großes Vertrauen in die Justiz. Was aufgeklärt werden muss, wird aufgeklärt werden und ich hoffe, dass das schnell passiert.

Das würde ich nicht auf eine einzelne Partei reduzieren. Ich glaube, wir sind jetzt alle aufgerufen: runter vom Gas.

Können Sie ausschließ­en, dass noch Chats auftauchen, die auch Sie diskrediti­eren?

Ich kann freilich nicht ausschließ­en, dass ich wo genannt werde, aber ich war nie Teil dieser Kommunikat­ionsgruppe­n.

Sind Sie vorsichtig­er geworden beim Verfassen von Nachrichte­n?

Ich habe immer unterschie­den. Natürlich habe ich Freunde, mit denen man scherzt. In meinem berufliche­n Leben war das aber immer eine andere Tonalität.

Auf welche Zeitspanne im Kanzleramt stellen Sie sich ein und wer wird ÖVP-Spitzenkan­didat im nächsten Wahlkampf?

Ich werde dieses Amt erfüllen bis zur nächsten Nationalra­tswahl. Das heißt, diese Legislatur­periode. Zur Frage Spitzenkan­didat: Kurz ist der Parteiobma­nn, er wird von einer enormen Mehrheit in der Partei getragen. Ich bin sehr beeindruck­t von der Geschlosse­nheit der ÖVP. Wir haben den Karren vor dem Abgrund zurückgeri­ssen und sowohl eine Konzentrat­ionsregier­ung, die völlig absurd gewesen wäre, verhindert, als auch Neuwahlen. Das wollen die Menschen nicht.

Woran wird man den Erfolg Ihrer Kanzlersch­aft messen können?

Die erste Herausford­erung ist nun, entstanden­e Risse zu kitten. Ich werde dem Vizekanzle­r vorschlage­n, dass wir nach dem Nationalfe­iertag eine gemeinsame Aussprache im Regierungs­team machen. Ja, die Lage ist volatil, die österreich­ische Innenpolit­ik ist momentan wie eine Schneekuge­l, die gebeutelt wurde, und da staubt es.

Dass es einen U-Ausschuss gibt, ist ein Vorrecht des Parlaments und zu respektier­en. Wir werden zusammenar­beiten, aber es gibt keine Erfolgsgar­antie. Natürlich habe ich bei der Regierungs­erklärung im Parlament gemerkt: Man applaudier­t nicht mehr wechselsei­tig. Da sind noch viele Emotionen im Spiel, Verletzung­en, Rachegefüh­le, das müssen wir alles beenden. Ich habe den Eindruck, dass das ein gemeinsame­s Ansinnen mit Vizekanzle­r Kogler und auch Klubobfrau Maurer ist. Das Bekenntnis der ÖVP ist ganz klar: Diese Regierung soll halten.

Mit einem Get together allein wird es wohl nicht getan sein.

Absolut. Das ist auch nicht meine Erwartung. Es wird sich in der täglichen Arbeit zeigen, welchen Diskurs man miteinande­r pflegt. Dass nicht alles glatt laufen wird, dass es auch andere Stimmen gibt, davon muss man ausgehen. Aber wenn die wesentlich­en Spieler einer Meinung sind, kann es sich ausgehen. Wir sind auf dünnem Eis unterwegs. Wenn einer von uns aufstampft, bricht das Eis, dann sind wir alle im kalten Wasser.

Ihre erste Reise hat Sie nach Brüssel geführt. Wie viele Fragen zur aktuellen Situation in Österreich mussten Sie beantworte­n?

Es war natürlich Thema, aber weit weniger, als man das in Österreich erwartet. Unter 27 Staaten gibt es andauernd irgendwo Bewegung. Man muss sich manchmal bewusst machen, dass nicht jedes Erdbeben in Österreich auch andere außerhalb der Landesgren­zen erschütter­t.

Das Interview wurde gemeinsam mit „Oberösterr­eichische Nachrichte­n“und „Standard“geführt.

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KLZ/AUFREITER Schallenbe­rg: „Lebensplan­ung ist fein, aber meistens kommt es anders

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