„Was aufgeklärt werden muss, wird aufgeklärt“
Neo-Bundeskanzler Alexander Schallenberg plant eine „Aussprache“mit den Grünen nach dem Feiertag. Mit Sebastian Kurz hatte er diese Woche „erst ein Mal Kontakt“.
und ich werde natürlich danach trachten, keine zu machen –, gestehe ich den auch ein und entschuldige mich. Umgekehrt gibt es natürlich auch Situationen, wo Entschuldigungen gefordert werden aus politischer Taktik.
Van der Bellen hat sich für das „Bild der Respektlosigkeit“entschuldigt. Stünde das nicht auch dem Kanzler an?
Das Bild ist kein schönes, daran gibt es keinen Zweifel. Aber ich will meinen Blick in die Zukunft richten und mich nicht mit der Vergangenheit befassen, von der ich kein Teil war. Ich habe nun die Mammutaufgabe, wieder Vertrauen herzustellen. Ich vergleiche das mit einem Fußballteam: Wenn man sich nicht vertraut, wird man keine Tore schießen. Und wir sind angetreten, um Tore zu schießen.
Sie haben Ihre enge Zusammenarbeit mit Kurz betont. Was heißt das? Wird er Ihnen die Kanzlerschaft vorgeben oder nur Berater sein, wenn Sie Fragen haben?
Ich hatte diese Woche zum Beispiel erst ein Mal Kontakt mit ihm. In einer repräsentativen Demokratie ist diese Zusammenarbeit für mich eine Selbstverständlichkeit und ich war verwundert, dass das zu derart großem Erstaunen geführt hat. Eine Regierung beruht auf der Mehrheit im Nationalrat nach Wahlen und da ist es klar, dass sich das Team mit dem Obmann abstimmt. Man stelle sich vor, wenn sich Vizekanzler Kogler nicht mit Klubchefin Maurer absprechen würde. Wie lange wäre diese Regierung dann stabil? Wir sind ja keine freien Radikale, die im Raum herumschwirren.
Beobachter waren dennoch erstaunt, dass Sie Ihre Treue zu ihm so offensiv vor sich hertragen.
diesen turbulenten Tagen war für mich wichtig, dass ich sage, wie ich es anlege. Ich werde zudem nächste Woche mit den Klubobleuten aller Oppositionsparteien und mit den Leitern der Sozialpartnerschaft zusammentreffen. Meine Aufgabe ist es jetzt, Menschen zum Gespräch zusammenzubringen nach dieser veritablen Krise, das soll man nicht kleinreden. Und dabei werde ich mein gesamtes diplomatisches einbringen.
Geschick
Im Nationalrat haben Sie auf einen Freispruch von Kurz verzichtet. War das ein Lernprozess?
Nein, ich habe es für richtig empfunden, bei der ersten Stellungnahme meine Meinung dazu kundzutun, was in einer Demokratie möglich sein muss. Das war wohlgemerkt kein Zuruf in Richtung Justiz, einen solNach chen würde ich mir nie anmaßen. Ich bin ein Verfechter der Gewaltenteilung. Ich habe großes Vertrauen in die Justiz. Was aufgeklärt werden muss, wird aufgeklärt werden und ich hoffe, dass das schnell passiert.
Das würde ich nicht auf eine einzelne Partei reduzieren. Ich glaube, wir sind jetzt alle aufgerufen: runter vom Gas.
Können Sie ausschließen, dass noch Chats auftauchen, die auch Sie diskreditieren?
Ich kann freilich nicht ausschließen, dass ich wo genannt werde, aber ich war nie Teil dieser Kommunikationsgruppen.
Sind Sie vorsichtiger geworden beim Verfassen von Nachrichten?
Ich habe immer unterschieden. Natürlich habe ich Freunde, mit denen man scherzt. In meinem beruflichen Leben war das aber immer eine andere Tonalität.
Auf welche Zeitspanne im Kanzleramt stellen Sie sich ein und wer wird ÖVP-Spitzenkandidat im nächsten Wahlkampf?
Ich werde dieses Amt erfüllen bis zur nächsten Nationalratswahl. Das heißt, diese Legislaturperiode. Zur Frage Spitzenkandidat: Kurz ist der Parteiobmann, er wird von einer enormen Mehrheit in der Partei getragen. Ich bin sehr beeindruckt von der Geschlossenheit der ÖVP. Wir haben den Karren vor dem Abgrund zurückgerissen und sowohl eine Konzentrationsregierung, die völlig absurd gewesen wäre, verhindert, als auch Neuwahlen. Das wollen die Menschen nicht.
Woran wird man den Erfolg Ihrer Kanzlerschaft messen können?
Die erste Herausforderung ist nun, entstandene Risse zu kitten. Ich werde dem Vizekanzler vorschlagen, dass wir nach dem Nationalfeiertag eine gemeinsame Aussprache im Regierungsteam machen. Ja, die Lage ist volatil, die österreichische Innenpolitik ist momentan wie eine Schneekugel, die gebeutelt wurde, und da staubt es.
Dass es einen U-Ausschuss gibt, ist ein Vorrecht des Parlaments und zu respektieren. Wir werden zusammenarbeiten, aber es gibt keine Erfolgsgarantie. Natürlich habe ich bei der Regierungserklärung im Parlament gemerkt: Man applaudiert nicht mehr wechselseitig. Da sind noch viele Emotionen im Spiel, Verletzungen, Rachegefühle, das müssen wir alles beenden. Ich habe den Eindruck, dass das ein gemeinsames Ansinnen mit Vizekanzler Kogler und auch Klubobfrau Maurer ist. Das Bekenntnis der ÖVP ist ganz klar: Diese Regierung soll halten.
Mit einem Get together allein wird es wohl nicht getan sein.
Absolut. Das ist auch nicht meine Erwartung. Es wird sich in der täglichen Arbeit zeigen, welchen Diskurs man miteinander pflegt. Dass nicht alles glatt laufen wird, dass es auch andere Stimmen gibt, davon muss man ausgehen. Aber wenn die wesentlichen Spieler einer Meinung sind, kann es sich ausgehen. Wir sind auf dünnem Eis unterwegs. Wenn einer von uns aufstampft, bricht das Eis, dann sind wir alle im kalten Wasser.
Ihre erste Reise hat Sie nach Brüssel geführt. Wie viele Fragen zur aktuellen Situation in Österreich mussten Sie beantworten?
Es war natürlich Thema, aber weit weniger, als man das in Österreich erwartet. Unter 27 Staaten gibt es andauernd irgendwo Bewegung. Man muss sich manchmal bewusst machen, dass nicht jedes Erdbeben in Österreich auch andere außerhalb der Landesgrenzen erschüttert.
Das Interview wurde gemeinsam mit „Oberösterreichische Nachrichten“und „Standard“geführt.