Diese Stadt treibt es auf die Spitze
Idrija, die älteste Bergbaustadt Sloweniens, ist auch berühmt für die hohe Kunst des Spitzenklöppelns.
Man schreibt das Jahr 1492: Während Christoph Kolumbus auf seiner legendären Entdeckungsreise über den Großen Teich an der „Neuen Welt“Amerika andockt, tut sich auch in Idrija Weltbewegendes. Ein Fassbinder sichtet – so die Legende – beim Einweichen seines Bottichs in einer klaren Quelle Tropfen einer ungewöhnlich schweren, leuchtenden Substanz. Quecksilber!
Es war die bahnbrechende Entdeckung der hier an Erzen reichhaltigen Unterwelt, die dem malerisch gelegenen Ort am Rande der Alpen wie des Karsts die knapp 500 Jahre währende Geschichte des zweitgrößten Quecksilberbergwerks der Welt bescheren sollte. Bereits seit der Antike als – allerdings mit toxischen Gefahren verbundenes – Heilmittel gefragt, war das vielseitig verwendbare Flüssigmetall unter anderem zur Gewinnung von reinem Silber und Gold besonders zur Zeit der Habsburgermonarchie wirtschaftlich von großer Bedeutung. In der Blütezeit deckte Idrija ganze 13 Prozent des Quecksilber-Weltmarktes ab und bot gleichzeitig bis zu 1300 Knappen vieler Nationalitäten Arbeit.
dass es hier einst ordentlich rundging, kommt heute kein Besucher vorbei. Denn Idrija stellt seine große Historie, die seit 2012 als Unesco-Weltkulturerbe gelistet ist, mit gutem Grund und gesundem Stolz zur Schau. Mit etwas Glück trifft man den ehemaligen Bergarbeiter Jozˇe Pavˇsicˇ, die „Ikone von Idrija“, höchstpersönlich bei einer seiner beeindruckenden Führungen durch den Antonius-Stollen, den einzig erhaltenen und zugleich ältesten Teil des BergAdjustiert in Knappenuniform, lädt er auf eine spannende Zeitreise durch die Geschichte seines Bergwerks.
Drei Millionen Kubikmeter Erz und totes Gestein gruben die Knappen über die Jahrhunderte aus 700 Kilometer langen Stollen. 147.000 Tonnen Quecksilber wurden gewonnen, bis das „lebendige Silber“unter anderem aufgrund seiner hohen Umweltbelastung an Attraktivität verlor und der Abbau schließlich Mitte der 1990erJahre endgültig beendet wurde. „Über die Jahre ging das Knappenleben in Idrija durch viel Auf und Ab. Aber man war stets dankbar, einen sicheren Job zu haben. Angst hatte ich bei der Arbeit nie, auch wenn es brenzlige Situationen gab. Einmal wurde ich von Material verschüttet, aber mein Kamerad konnte mich glücklicherweise wieder ausgraben“, lässt Pavˇsicˇ das sicherlich nicht allzu gemütliche Arbeitsleben in bis zu 300 Metern Tiefe erahnen.
Dass in Wirklichkeit sie in Idrija die Fäden ziehen, ist seit Jahrhunderten ein offenes Geheimnis und heute berühmte Tradition. Sie kamen einst mit ihren Bergarbeiter-Männern aus aller Welt und brachten als finanzielles Auffangnetz die anspruchsvolle Fertigkeit des Spitzenklöppelns mit. Das für Laien faszinierende Verwirrspiel des Zwirnens und Kreuzens von Fäden liegt wie ein imaginäres Spitzendeckerl über der ganzen Stadt. Als „Klöppeln von Spitzen in Slowenien“in die Liste der immateriellen Kulturgüter der Unesco aufgenommen, lebt man die Idrija-Spitze hier an allen Ecken und Enden.
Gemalte Spitzen verzieren den Asphalt, Spitzenfähnchen wehen aus den Häusergiebeln und in der bereits 1876 gegründeten Klöppelschule offenbawerkes.