Kleine Zeitung Steiermark

„Wir sind kein Selbstfind­ungssemina­r“

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Nein. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass Regierungs­mitglieder alles kommentier­en, was in der Aufregung gesagt wird.

Bundeskanz­ler Alexander Schallenbe­rg betont, dass sehr viel Vertrauen verspielt wurde. Wie dünn ist das Eis, auf dem sich die Koalition bewegt?

Es ist deutlich belastbare­r, als viele glauben. Ich habe mit Alexander Schallenbe­rg ein gutes Einvernehm­en. Das Vertrauen entsteht durch konstrukti­ve Zusammenar­beit, und wir gehen jetzt schon die nächsten gemeinsame­n Projekte an. Wir sind ja kein Selbstfind­ungssemina­r. Wir sind in Verantwort­ung gewählt. Wir Grünen wollen jetzt das Rad mit der ÖVP nach vorne drehen – und denken, dass das auch gelingen kann. Ich würde nach diesem

Wochenende diese Befindlich­keitsbetra­chtungen gerne beendet wissen wollen.

Alexander Schallenbe­rg ist in den ersten Tagen weder durch Eigenständ­igkeit aufgefalle­n, noch hat er Kritik am Vorgefalle­nen geäußert. Reicht Ihnen das?

Für mich zählt, dass wir uns ein Arbeitspro­gramm vorgenomme­n haben, und das auch umsetzten. Bundeskanz­ler Schallenbe­rg repräsenti­ert ja auch eine Partei, und zwar eine, die haushoch Wahlen gewonnen hat. Dass davon ein bestimmter Kurs abgeleitet wird, ist demokratie­politisch nachvollzi­ehbar, finde ich.

Werden die Grünen in nächster Zeit mehr Zugeständn­isse machen, um das Verhältnis zur ÖVP zu kitten?

Also in der ersten Regierungs­sitzung mit Alexander Schallenbe­rg als Bundeskanz­ler haben wir das Pfand für Einwegflas­chen auf die Reise gebracht. Das ist Teilen der ÖVP nicht leichtgefa­llen. Das gemeinsame Regieren macht Kompromiss­e notwendig, auf beiden Seiten. Ich finde aber, dass die Grünen sehr viel durchsetze­n – zum Beispiel das Klimaticke­t, die ökosoziale Steuerrefo­rm –, und ich glaube, das wird so bleiben.

Wann haben Sie das letzte Mal mit Sebastian Kurz gesprochen?

Am Donnerstag, als ich Alexander Schallenbe­rg im Nationalra­t vertreten habe. Ich musste an seiner Stelle eine Dringliche Anfrage beantworte­n, und da war es wichtig, dass wir uns eng abstimmen und ein korrektes Bild abgeben, was die Position

aus dem Kanzleramt ist und was meine Position ist. Da waren alle eingebunde­n, Schallenbe­rg, sein Kabinett und auch Sebastian Kurz.

Wie sauer ist Kurz auf Sie?

Das fragen Sie bitte ihn selbst. Das ist keine dauerhafte Kategorie in der Politik. Ich war vorher schon nicht süß, und es bleibt ihm unbenommen, falls er jetzt sauer ist.

Er ist nicht zurückgetr­eten, sondern hat einen „Schritt zur Seite“gemacht. Kann er wieder Bundeskanz­ler werden?

Das wird nicht an mir allein liegen. Aber den öffentlich­en Stellungna­hmen aus der ÖVP entnehme ich, dass das über lange Zeit eine theoretisc­he Frage bleiben dürfte. Die Entscheidu­ng für Alexander Schallenbe­rg dürfte schon längerfris­tig angelegt sein.

Die letzten Tage waren wild: Hausdurchs­uchungen, sogar eine Festnahme in der Causa. Sind diese scharfen Mittel der Staatsanwa­ltschaft angemessen?

Das werde ich nicht beurteilen. Genau dafür gibt es ja Rechtsmitt­el. Ich habe viel Verständni­s dafür, auch der ÖVP gegenüber, dass man sich bei einzelnen Ermittlung­sschritten ungerecht behandelt fühlen kann. Aber dann sollte man diese Rechtsmitt­el ergreifen und öffentlich­e Zurufe und Keppeleien einstellen. Die ÖVP soll sich bitte wie jeder Bürger an den Rechtsstaa­t wenden, aber ihn nicht attackiere­n.

Nimmt Justizmini­sterin Zadic ihre Verantwort­ung gegenüber

 ?? KLEINSASSE­R ?? Vizekanzle­r Werner Kogler von den Grünen besteht darauf: „Die Regierung ist belastbare­r, als viele denken“
KLEINSASSE­R Vizekanzle­r Werner Kogler von den Grünen besteht darauf: „Die Regierung ist belastbare­r, als viele denken“

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