Recht auf Kinderbetreuung: Die Ortschefs schlagen Alarm
Gemeindebund warnt vor Rechtsanspruch wie in Deutschland: Dort bekam Familie keinen Kitaplatz, aber 23.000 Euro Schadenersatz.
Seit Bekanntwerden der Chats von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist der – 2016 in Österreich verhinderte – Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung in aller Munde. Was neben dem Kanzler-Rücktritt in der Vorwoche dabei untergegangen ist: Die Sozialpartner haben einmal mehr mit Nachdruck auf die Einführung des Rechtsanspruchs gedrängt.
Eine Forderung, die bei Österreichs Bürgermeistern und ihrer Vertretung, dem Gemeindebund, die Alarmglocken schrillen lässt. Die Ortschefs fürchten Zustände wie in Deutschland. Dort hat diesen Sommer das Oberlandesgericht in Hessen einer Mutter 23.000 Euro Entschädigung für Verdienstausfall zugesprochen, die der Landkreis berappen muss. Die Frau hatte für ihr Kind ein halbes Jahr vergeblich einen Platz in einer Kindertagesstätte (Kita) gesucht und dann geklagt.
In Deutschland müssen Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte Betreuungsplätze bereitstellen, seit der Rechtsanspruch 2013 eingeführt worden ist, erläutert man im Gemeindebund. Seither seien die Kosten für die Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte von 23,8 auf 36,9 Milliarden Euro gestiegen.
„So ein Rechtsanspruch allein schafft keine Kinderbetreuungsplätze, sondern stellt Gemeinden vor ungeahnte Herausforderungen“, warnt Österreichs Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl. Das Präsidium hat in einer Sitzung auf einer Delegationsreise ins EUVorsitzland Slowenien in Laibach diesen Rechtsanspruch über alle Partei- grenzen hinweg einhellig abgelehnt.
Riedl betont, dass „Gemeinden bestrebt sind, in Zusammenarbeit mit Eltern bedarfsgerechte Angebote bereitzustellen und in Kooperationen mit anderen Kommunen kreative Lösungen suchen“. Klar sei: Will man das Betreuungsangebot ausbauen, brauche es eine dauerhafte finanzielle Unterstützung durch den Bund.
Massive Personalnot. Darüber hinaus müsse man auch die Personalkrise lösen. In Salzburg habe man etwa mangels Elementarpädagoginnen schon Kindergartengruppen auflösen müssen. Auch in anderen Bundesländern wie der Steiermark gibt es massive Personalprobleme. Vor diesem Hintergrund spricht sich der Gemeindebund auch gegen die diskutierte Akademisierung der Elementarpädagoginnen aus, die künftig ein Bachelorstudium absolvieren sollen. Die Anforderungen weiter nach oben zu schrauben, wo man jetzt schon kein Personal mehr finde, sei der falsche Weg.