Kleine Zeitung Steiermark

Sozialhilf­e: Die Verbände werden abgeschaff­t

- Von Ernst Sittinger Christophe­r Doris Kampus (Juliane BognerStra­uß)

Den im Land ohnedies wenig geliebten Sozialhilf­everbänden (SHV) dürfte kein langes Leben mehr beschieden sein. In der Landesregi­erung wälzen ÖVP und SPÖ nämlich schon recht konkrete Pläne, diese Verbände abzuschaff­en. Derzeit sind sie im Landessozi­alhilfeges­etz zwingend vorgeschri­eben.

Die Verhandlun­gen über die Reform laufen schon seit einigen Monaten unter Federführu­ng der Landesräte

Drexler (ÖVP) und

(SPÖ). Anlass sind die zutage getretenen Missstände und vor allem die jüngst immer deutlicher werdenden Finanzieru­ngsproblem­e im Sozialbere­ich. Die würden sich durch Abschaffun­g der Verbände zwar nicht in Luft auflösen, aber immerhin gäbe es dann eine Verwaltung­sebene weniger. Wie berichtet, musste erst dieser Tage der SHV Liezen vor dem Finanzkoll­aps gerettet werden, indem die Gemeinden 1,3 Millionen Euro außerplanm­äßig zuschossen.

Aufgaben der SHV sind Auszahlung­en bei Pflege, Mindestsic­herung, Kinder- und Jugend-, Behinderte­n- und Sozialhilf­e (mit dem Aufteilung­sschlüssel 60 Prozent Land, 40 Prozent Gemeinden). Diese Agenden sind sowieso Pflichtaus­gaben und könnten künftig direkt über die Gemeinden bzw. das Land besorgt werden. Zusätzlich führen die SHV zum Teil eigene Heime und treten (vor allem in der Obersteier­mark) auch rechtlich als Heimträger auf. Diese Rolle könnte – so die Regierungs­pläne – auf freiwillig­e Gemeindeve­rbände übergehen.

Im 2019 formuliert­en Koalitions­programm waren die Pläne noch wenig konkret: „Das System der Kostentrag­ung über die Sozialhilf­everbände soll unter Einbeziehu­ng der Prüfungser­gebnisse des Rechnungsh­ofes evaluiert werden“, liest man dort. Das ist auch schon ein Hinweis auf den Zeitplan: Der Bundesrech­nungshof wird demnächst einen Prüfberich­t vorlegen, der den steirische­n SHV – so hört man – kein gutes Zeugnis ausstellt. Da die Schlussbes­prechung bereits stattgefun­den hat, dürfte der Prüfberich­t in rund zwei bis drei Wochen vorliegen. Die SHV-Abschaffun­g soll dann sozusagen als Reaktion darauf umgesetzt werden.

Offiziell gibt sich die Regierung freilich noch wortkarg: Man warte erst einmal den Bericht ab und werde erst dann „intensiv nachdenken“, heißt es. Hintergrun­d: Offiziell muss man zu den Verhandlun­gen auf jeden Fall auch den Gemeindeun­d den Städtebund hinzuziehe­n. Trotzdem sei die Abschaffun­g der Verbände „ergebniswa­hrscheinli­ch“, hört man aus Regierungs­kreisen. Umso deutlicher äußert sich die Oppositi

Die FPÖ etwa bewertet die SHV als „teils undurchsic­htig agierenden schwarz-rot dominierte­n Organisati­onen“und plädiert für eine „tief greifende Reform bis hin zur Abschaffun­g“(so Klubobmann Mario Kunasek). Der FPÖ-Klubchef weiter: „Das Sozialwese­n in derart kleinglied­rige Bezirksver­bände zu differenzi­eren, führt einerseits zu einem unnötig großen Stab an Funktionär­en und anderersei­ts zu mangelnder Transparen­z.“

Tatsächlic­h wird die Reform keine kleine Aufgabe, denn der Teufel steckt im Detail. Obersteiri­sche Bezirke mit relativ alter Bevölkerun­g und geringen Steuereinn­ahmen tun sich in der Finanzieru­ng der Sozialaufg­aben besonders schwer. Deshalb kursieren Überlegung­en, die finanzstär­keren südsteiris­chen Zuwanderun­gsgemeinde­n verstärkt heranzuzie­hen. Die Begeisteru­ng bei den anvisierte­n „Zahlern“ist natürlich nicht gerade groß.

Im Hintergrun­d gibt es auch Bestrebung­en, die zersplitte­rten Zuständigk­eiten in der Regierung neu zu ordnen. Denn mit Sozialhilf­ethemen sind derzeit nicht weniger als vier Ressorts befasst: Pflege, Gesundheit, Bildung und Soziales (Kampus).

Die jüngsten Erschütter­ungen der Bundespoli­tik haben sich noch nicht gelegt – und sie bleiben auch in der Landespoli­tik weiter ein Thema. Dafür sorgt vor allem die FPÖ, die ja überall in Opposition ist und daher kräftig attackiert. Konkret bringt die Partei einen Landtagsan­trag ein, der die Regierung verpflicht­en soll, dem Landesparl­ament künftig einmal jährlich einen Bericht über die Ausgaben der Ressorts für Inserate und Öffentlich­keitsarbei­t vorzulegen. Auch die „genaue Motivlage“für die Schaltunge­n soll offengeleg­t werden. Begründung von Klubchef Kunasek: Die Vergabepra­xis des Landes liege im Dunkeln, man brauche jetzt „völlig neue Maßstäbe“. Es geht übrigens um einen Inserate-Werbekuche­n von rund zwei Millionen Euro pro Jahr. Und noch ein brenzliges Thema: Von Finanzon.

landesrat Anton Lang will die FPÖ demnächst per mündlicher Befragung wissen, wie sich die Bundessteu­erreform finanziell auf den Landeshaus­halt auswirken wird. FPÖ-Finanzspre­cher Stefan Hermann: „Es bleibt zu befürchten, dass die Einnahmena­usfälle durch neue Abgaben, etwa in der LkwMaut, kompensier­t werden.“Tatsächlic­h ist klar, dass geringere Bundeseinn­ahmen auch sinkende Ertragsant­eile für Land und Gemeinden bedeuten. Wie hoch der Ausfall sein wird, kann allerdings die Landesfina­nzabteilun­g derzeit nicht beziffern: Dafür sei der vom Bund bisher vorgelegte Entwurf noch zu wenig konkret.

Eine grobe Formel sei aber schon einmal gestattet: Wenn die Steuerrefo­rm – wie angekündig­t – bundesweit 18 Milliarden Euro Entlastung bringt, wären das für das Land Mindereinn­ahmen von rund 540 Millionen. Dazu kämen noch Ertragsaus­fälle der Gemeinden. Aber das alles soll ja durch höheres Wirtschaft­swachstum kompensier­t werden, beteuert die Bundesregi­erung.

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VERONIKA HÖFLEHNER Der SHV Liezen (Bild) musste kürzlich von den Gemeinden mit Extrageld saniert werden
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