Kleine Zeitung Steiermark

„Kaum jemand ist älter als 60 Jahre“

Intensivpf­leger Bojan Smolcˇ i´c über den Anstieg junger Patienten und das eigene Limit.

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Ich arbeite seit sieben Jahren als Pfleger und bin vor einem Jahr auf die Covid-Intensivst­ation gewechselt, weil dringend Personal gesucht wurde. In der letzten Zeit kam es häufig zur Sprache, warum Betten nicht aufgestock­t und zusätzlich­es Personal eingeschul­t wurde. Es ist aber unmöglich, einen unerfahren­en Pfleger, der noch nie auf der Intensivst­ation war, hinzustell­en und zu sagen: ‚Los, mach jetzt.‘ Dafür braucht es eine intensive Ausbildung über Monate oder sogar Jahre.

Mein Job ist anstrengen­der geworden durch die Pandemie, obwohl mir die Krankheits­bilder im Grunde bekannt sind. Ich weiß, was zu tun ist, wenn ein Patient Atemproble­me dieser Art entwickelt und die Lunge zu versagen droht. Was allerdings neu für mich ist, sind die Patienten, die damit zu kämpfen haben. Sie alle sind jung. Kaum jemand ist über 60 Jahre alt. Sie alle können kaum einen Satz ausspreche­n, ohne nach Luft zu ringen, nach dem Aufsetzen im Bett brauchen sie eine Pause zum Durchatmen, weil sie das Gefühl haben, zu ersticken.

All das ist ungewöhnli­ch und es ist vollkommen klar, dass diese Menschen Angst haben. Das, was ich in diesen Momenten zusätzlich zur medizinisc­h-pflegerisc­hen Versorgung tue, ist, ihnen Mut zu machen, sie auf andere Gedanken zu bringen und abzulenken. Ich spreche über das Wetter und frage nach ihren Familien. Wie es ihnen letztlich ergehen wird, weiß ich nicht. Noch mache ich meinen Job gerne, aber ich weiß nicht, wann der Moment kommen kann und wo ich sage: ‚Ich kann nicht mehr, ich höre auf.‘“

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