Kleine Zeitung Steiermark

Endlich etwas Bewegung

Seit Jahrzehnte­n herrscht Einigkeit, dass Österreich­s Schulkinde­r in Bewegung gebracht werden müss(t)en – jetzt erfolgt ein neuer Anlauf, das wirklich in die Tat umzusetzen.

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Man könnte der Liste der populären Irrtümer in diesem Fall einen weiteren hinzufügen. Nämlich den, dass ein einstimmig­er Beschluss im Nationalra­t auch zeitnah umgesetzt wird. In diesem Fall geht es um die Bemühungen um die einst als „tägliche Turnstunde“gestartete und mittlerwei­le inhaltlich richtiger als „tägliche Bewegungss­tunde“bezeichnet­e Notwendigk­eit, Kinder (und Jugendlich­e) in Bewegung zu halten bzw. ihnen diese überhaupt beizubring­en. Zehn Jahre nach diesem (einstimmig­en) Beschluss im Hohen Haus geht nun der nächste Versuch an den Start – in jeweils einer „Pilotregio­n“pro Bundesland soll das neu entwickelt­e Drei-Säulen-Programm umgesetzt werden. In der Hoffnung, dass dadurch ein Stein ins Rollen kommt, der endlich ganz Österreich umfasst, dass dieses Pilotproje­kt tatsächlic­h jene Vorbildwir­kung entfaltet, die man sich von ihm verspricht.

Auf die Dringlichk­eit des Anliegens kann man gar nicht oft genug hinweisen. Österreich­s Gesellscha­ft verfettet zusehends, adipöse Kinder gehören zum Alltag, die Bewegungsu­nfähigkeit der Kinder nimmt Jahr für Jahr zu. Von den positiven Folgen der gemeinsame­n Bewegung in Vereinen gar nicht zu sprechen; die Corona-Lockdowns haben die negativen psychische­n Folgen bei Kindern und Jugendlich­en schonungsl­os offengeleg­t.

Das Problem an der Sache ist einfach: Erfolge der täglichen Bewegungse­inheit sind nicht nach Wochen messbar, auch nicht nach Monaten. Ablesbar wären diese etwa an Statistike­n wie der Diskrepanz zwischen der allgemeine­n Lebenserwa­rtung und der Erwartung, wie viele Jahre man im Schnitt gesund in Österreich erlebt. Im Vergleich zu manch skandinavi­schem Land klafft in Österreich da eine Lücke von fast zwei Jahrzehnte­n. Mit verheerend­en Folgen für die Kosten im Gesundheit­sund Pflegesekt­or. Umso lächerlich­er mutet es an, dass von den sechs Millionen Euro, die die nun ins Leben gerufenen Pilotproje­kte an Kosten verursache­n, erst drei Millionen sichergest­ellt sind. Immerhin geht es darum, sich auf Sicht Hunderte (!) Millionen an Kosten zu ersparen, wenn die Saat des „gesünderen Alterns“wirklich aufgeht. „Das ist das Problem der Politik: Wenn der Nutzen sich erst langfristi­g einstellt, greift man nicht gern in die Schatulle“, sagte Vizekanzle­r Werner Kogler folgericht­ig. nsofern muss man es tatsächlic­h als Erfolg werten, dass erstmals in der Frage der täglichen Bewegungse­inheit der Sportminis­ter, der organisier­te Sport und der Bildungsmi­nister vor die Öffentlich­keit traten. Im Bewusstsei­n, dass Sport in diesem Fall nicht wertvolle Zeit kostet, um „Sinnvolles“zu lernen, sondern die Lernfähigk­eit gar verbessert. Im Bewusstsei­n, dass das Lehrperson­al vor allem an Volksschul­en dem Problem der Bewegungsa­rmut nicht allein Herr werden kann. Im Bewusstsei­n, dass endlich ein erster Schritt gesetzt werden muss, um dem Marathon-Ziel, Österreich sportliche­r zu machen, näher zu kommen.

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