Soll die Stadt Ivica Osim ein Denkmal setzen?
Bürgermeisterin schlägt Umbenennung des Stadionplatzes vor. Kunstexpertin sieht Denkmäler für überholt. Sturm-Ikone Ivica Osim löst eine Debatte über Erinnerungskultur aus.
Sein Tod am 1. Mai schockte nicht nur die Fanbasis des SK Sturm Graz, Ivica Osim war auch abseits des Rasens eine lebende Legende in der Stadt. Der Ruf nach ewiger Erinnerung wurde nach seinem Ableben schnell laut, doch wie wird die moderne Gesellschaft einem Idol heutzutage eigentlich gerecht?
Die Sozialistische Jugend forderte eine Ivica-OsimStraße, eine Ehrentafel im Augarten fiel als Idee, oder sollte es eine Büste oder gar ein Denkmal sein? Nach ersten Debatten stand das Thema bei der jüngsten Stadtsenatssitzung nicht auf der Agenda – die Grazer Stadtpolitik ist sich einig, dass das
an Osim nur gemeinsam mit dessen Angehörigen und dem SK Sturm gestaltet werden soll. Man darf also davon ausgehen, dass im Hintergrund intensiv darüber nachgedacht wird.
Elisabeth Fiedler, Leiterin der Joanneums-Abteilung für Kunst im öffentlichen Raum, spricht sich jedenfalls klar gegen die Errichtung von Denkmälern aus: „So etwas ist überholt.“Heute seien Denkmäler völlig anders definiert. Es gehe auch nicht anders, „denn wir können ja nicht alle honorigen Toten mit Statuen auszeichnen“.
Für den Grazer Stadthistoriker Karl Albrecht Kubinzky ist das ohnehin längst passiert. „Wir haben Tausende Straßennamen, Zehntausende Grabdenkmäler, und das Bürgertum im 19. Jahrhundert hat dafür gesorgt, dass es sich in Reiterstandbildern in Stein und Erz verewigt hat.“Die einzige Möglichkeit sieht er heute in der Gestaltung von Kunst am Bau.
Der künstlerische Ansatz ist auch für Fiedler naturgemäß die bevorzugte Variante. Beste Beispiele seien das Gedenken an Kulturstadtrat Helmut Strobl (Künstlerin: Iris Andraschek) mit einer Audio-Installation im Kunsthaus sowie Barbara Edlingers EhAndenken
renring für Oktavia AignerRollett, der ersten Ärztin in Graz. Auf einem Infoscreen sind Informationen vermerkt, die sich für Frauen in Not einsetzen. Da sich die Daten aber ändern, wird am kommenden Montag, 23. Mai, nachjustiert und ein QR-Code beigefügt.
„Das ist ja das größte Problem moderner Mementi“, stellt Kubinzky fest, „die Technik wird kaputt, Erz und Stein währen dagegen ewig.“Angesichts der Flut an Mementi – Kubinzky spricht von „vollgestopften Kirchen, ausverkauften Straßennamen und einer Welt von Denkmalsymbolen“– scheint ein angemessener Umgang mit dem Totengedenken tatsächlich schwierig. Was wird das moderne Graz also im „Fall Osim“tun? Die Antwort aus dem Büro von Bürgermeisterin Elke Kahr: „Der Stadionplatz könnte unbenannt werden, andere Vorschläge werden derzeit nicht ernsthaft diskutiert.“Nur eines sei klar: „Ein Gedenken an Ivica Osim wird es geben. In welcher Form auch immer.“