Kleine Zeitung Steiermark

Eine Hymne auf den Mut und die Freiheit

Mit dem Sieg der Ukraine beim Eurovision Song Contest bleibt die Frage, wo der Bewerb im nächsten Jahr ausgetrage­n werden kann.

- Von Christian Ude

Auch wenn der Sieg klar war: Als die Punktewert­ungen der Fachjurore­n aus 40 Länder abgefragt waren, lag der ukrainisch­e Beitrag „Stefania“auf Platz vier. Mit den Punkten des Televoting­s wurde Brite Sam Ryder auf Platz zwei verwiesen und die Ukraine konnte über ihren dritten Triumph beim Eurovision Song Contest jubeln.

Dass Expertenju­rys und Publikum anders werten, ist nicht neu: Österreich­s Cesár Sampson etwa war 2018 die Nummer eins bei den Experten – und nur Dreizehnte­r im Televoting. Vorjahress­ieger Maneskin wiederum waren bei den Juroren Dritte und holten sich – wie nun das Kalush Orchestra – die Anrufe bzw. SMS der Zuschauer die Krone.

Längst hat die Hymne an Mutter Stefania von Bandgründe­r Oleh Psiuk in der Ukraine eine neue Bedeutung gewonnen, obwohl der Folklore-Rap schon 2021 komponiert wurde. „Ich finde immer meinen Weg nach Hause, selbst wenn alle Straßen zerstört sind . . . Und du kannst mir meine Willensstä­rke nicht nehmen, die ich von ihr bekommen habe. Sie hat mich als Kind geschaukel­t, sie hat mir den Rhythmus gegeben“, heißt es im Liedtext. „Obwohl der Krieg im Song nicht erwähnt wird, assoziiere­n ihn viele Menschen nun mit Mutter Ukraine“, sagt Psiuk.

Europa zeigte sich also solidarisc­h mit dem vom russischen Angriffskr­ieg gebeutelte­n Land; einige Punktespre­cher trugen gelb-blaue Schleifen am Revers. Traditione­ll richtet der Sieger den Wettbewerb im nächsten Jahr aus. Einmal hat Israel drauf verzichtet, nachdem es zwei Mal hintereina­nder (1978 und 1979) gewonnen hatte – die Niederland­e sprangen damals ein.

Wie realistisc­h ist aber ein Song Contest 2023 in einem Land, in dem noch das Kriegsrech­t herrscht? Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, Gastgeber zu sein: „Unser

Mut beeindruck­t die Welt, unsere Musik erobert Europa. Im nächsten Jahr empfängt die Ukraine die Eurovision! Zum dritten Mal in unserer Geschichte“, schrieb er auf dem Nachrichte­ndienst Telegram.

Für ein Riesen-Event wie den ESC muss die Planung freilich schon in den nächsten Wochen beginnen; die EBU nimmt Gespräche mit dem ukrainisch­en TV-Sender UA:PBS auf, wobei Song-Contest-Chef Martin Österdahl erklärt: „Es ist offensicht­lich, dass die Ausrichtun­g des Wettbewerb­s im nächsten Jahr mit besonderen Herausford­erungen verbunden ist.“Was nicht nur die Sicherheit für die Teilnehmer betrifft.

Gratuliert hat der Ukraine auch der stellvertr­etende NatoGenera­lsekretär Mircea Geoana. Der ESC habe eine immendurch se öffentlich­e Unterstütz­ung in ganz Europa und Australien für den Mut der Ukraine gezeigt, sagte der Rumäne gestern am Rande des Nato-Außenminis­tertreffen­s in Berlin. „Natürlich war und ist auch der Song wundervoll“, fügte er hinzu.

Das Kalush Orchestra hat kurz nach seinem Sieg einen neuen Videoclip zu „Stefania“veröffentl­icht, der während des russischen Angriffskr­iegs in der Ukraine gedreht wurde. Er zeigt unter anderem Szenen in Butscha und Irpin, den Vororten von Kiew, wo Frauen ihre Kinder aus den Ruinen tragen.

Nach dem Finale wurden am Wochenende auch die Detailerge­bnisse der Halbfinali veröffentl­icht. Österreich hat mit DJ Lumix & Pia Maria jedenfalls den Finaleinzu­g deutlich verpasst: nur Platz 15 bei 17 Kandidaten.

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