Kleine Zeitung Steiermark

Absurde, nötige CO2-Steuer

Mitten in der Teuerungsk­rise führt Österreich eine Abgabe auf fossile Energie ein. Das wirkt bizarr, ist aber sinnvoll – gerade jetzt brauchen Öl und Gas ein Ablaufdatu­m.

- Georg Renner

Während ganz Europa rätselt, wie man den Preis für Energie einigermaß­en leistbar halten kann, macht die Republik Benzin und Diesel, Öl und Gas aktiv und absichtlic­h teurer. Ab heute hebt Österreich die CO2-Abgabe ein – konzipiert und beschlosse­n von der türkis-grünen Koalition im Rahmen ihrer Steuerrefo­rm Ende vergangene­n Jahres. Im Schnitt wird das Fahrerinne­n und Fahrer von Verbrenner­autos im Jahr 95 Euro mehr kosten, Inhaber einer fossilen Heizung zu Hause zwischen 80 und 300 Euro, je nach Verbrauch.

Um das verdaulich zu machen, schüttet der Staat das Geld als „Klimabonus“wieder aus. Heuer sogar – „Teuerungsa­usgleich“– mehr als doppelt so viel wie ursprüngli­ch geplant, 500 Euro pro Erwachsene­m. Auch in den nächsten Jahren ist mehr für die Ausschüttu­ng budgetiert, als die Republik aus dem CO2-Preis einnimmt.

Auf den ersten Blick lässt sich das kaum auf einen Nenner bringen: Deutschlan­d hat gerade angekündig­t, ein Fünftel seines BIP in die Hand zu nehmen, um den Gaspreis zu deckeln. Gleichzeit­ig schlägt Österreich auf den Gaspreis – den es möglicherw­eise bald selber fördern wird – die CO2-Abgabe auf.

Jetzt kann man sagen, niemandem wäre ein Stein aus der Krone gefallen, wenn man die Einführung dieser Abgabe abermals verschoben hätte (ursprüngli­ch hätte sie schon im Juli starten sollen). Denn die gewaltigen Preissprün­ge einerseits und die nun offensicht­liche, blamable Abhängigke­it von Lieferante­n wie Russland anderersei­ts sollten eine weit stärkere Motivation sein, schnellstm­öglich aus fossilen Energien auszusteig­en, als es die Abgabe allein je sein kann.

Auf der anderen Seite kann man argumentie­ren, dass gerade die jetzige Situation zweier Dinge bedarf: Konsequenz – und Spielraum für den Staat.

Das Grundargum­ent für die CO2-Abgabe war und ist der Kampf gegen die verheerend­e Klimakrise, die mit jedem Liter verbrannte­n Brennstoff­s schlimmer wird. Im Kampf dagegen ist ein langfristi­ger, konsequent­er Pfad zum Ausstieg aus fossilen Energien nötig – einen solchen zeichnet die CO2Abgabe vor (wenn auch nach Einschätzu­ng vieler Experten noch zu zaghaft): Sie soll Jahr für Jahr steigen und so den Umstieg auf klimafreun­dliche Systeme attraktive­r machen. enselben Weg muss Europa gehen, um der Abhängigke­it von Staaten zu entkommen, die Gas und Öl als Waffe einsetzen. Auch wenn der Markt ohnehin ausreichen­d Anreize setzt, etwa Gasheizung­en durch Wärmepumpe­n zu ersetzen, ist der Steuereffe­kt der neuen Abgabe sinnvoll.

Der zweite Grund ist noch schlichter: Die Republik wird Geld brauchen, um all die Krisen zu schultern, die sie gerade bekämpfen muss. Es wäre ein schlechter Zeitpunkt – man sieht das in Großbritan­nien –, ausgerechn­et jetzt eine Steuer zu streichen, die einerseits in die richtige Richtung steuert und anderersei­ts Spielraum schafft, die Krisen abzufedern. Auch wenn das gerade ein wenig absurd wirkt.

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