„Mir bleibt nicht mehr viel Zeit“
Ladislav (62) aus der Slowakei muss zum Betteln nach Graz kommen, um seine Familie daheim über die Runden zu bringen. Im Vinzinest findet er ein Bett für die Nacht. Und etwas Hoffnung.
Resignation klingt in Ladislavs Stimme nicht mit. Es ist, wie es ist: „Wir werden von niemandem akzeptiert.“Geboren im slowakischen Hostice fühlt er sich eigentlich als Ungar. Und als Roma sowieso. „Die ungarische Minderheit wird nur schwer akzeptiert. Und wir Roma, wir werden gar nicht akzeptiert“, schildert der 62-Jährige den Makel der Geburt.
Mit seiner Frau und vier Kindern lebt er nun unweit von Hostice. Ladislav erklärt, dass er seine Wohnung dort ständig renovieren muss. Um Missverständnisse gleich auszuräumen: Es handelt sich um eine einfache Lehmhütte mit Wellblechdach. Anfangs ohne fließend Wasser.
Ein Teufelskreis aus Armut, erschwertem Zugang zur Bildung und Arbeitslosigkeit hat ihn früh erfasst: „Ich habe daheim am Bau gelernt. Wenn bei uns Firmen schließen, fliegen die Roma zuerst raus. Dann die Ungarn.“Bei der erdrückenden Last an Schicksalen ist es bewundernswert, dass der stämmige Mann zwar schulterzuckend, aber oft mit einem Lächeln antwortet.
Auf der Suche nach Einkünften verschlug es Ladislav zuerst nach Deutschland. Erfolglos. 1996 kam er nach Graz. Er habe jede Möglichkeit genutzt, um zu arbeiten. „Es gibt aber nicht viele für mich. Wenn, dann oft nur für eine Stunde.“Gesundheitliche Probleme kommen hinzu, „ich kann schwer stehen, die Wirbelsäule“. Eine letzte Möglichkeit blieb ihm: Betteln. Sein Stammplatz, seit 2000: vor dem LKH Graz. Sitzend, grüßend, dankend. „Die Leute sind freundlich dort. Ich bin dankbar.“Um pünktlich dort zu sein, verlässt Ladislav um sechs das Vinzinest in der Kernstockgasse, kehrt abends zurück. as Vinzinest, die Notschlafstelle für Schutzlose, begeht an diesem Wochenende ihr 30-Jahr-Jubiläum. Pfarrer Wolfgang Pucher wollte damit 1992 jenen helfen, die nachts keinen Schlafplatz hatten, selbst bei klirrender Kälte in Autos oder Toiletten nächtigen mussten. Seit seiner Gründung verzeichnete das Vinzinest 630.000 Nächtigungen. 2150 Männer aus über 35 Herkunftsländern wurden insgesamt mit 440.000 Mahlzeiten versorgt. Mithilfe von 360 Ehrenamtlichen.
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