Kleine Zeitung Steiermark

„Natürlich dürfen Frauen arbeiten“

- Nora Kanzler

Letztens las ich die Anregung der Autorin Margarete Stokowski, das Wort „Karrierefr­au“nicht mehr zu verwenden. Es zeige schließlic­h überdeutli­ch, dass es noch nicht Normalität sei, wenn eine Frau die Karrierele­iter erklimme. Denn niemand würde einen erfolgreic­hen Mann „Karrierema­nn“nennen. Frauen bemerken ja spätestens mit dem Eintritt ins Berufslebe­n, dass sie nicht die gleichen Chancen haben wie ihre männlichen Kollegen. Denn noch immer werden sie sehr häufig schlechter bezahlt. Und da reicht es nicht, Männerdomä­nen zu durchbrech­en. Denn wenn Frauen in Männerberu­fe vordringen, entwickeln sich dort die Löhne schlechter. Journalist­in Claire Cain Miller führte in der New York Times Beispiele dafür an: Als Frauen begannen, in Parks und Gärten zu arbeiten oder auch Designerin­nen zu sein, sanken die Löhne in diesen Bereichen, während das Programmie­ren, das einmal eine weibliche Domäne war, mit der Zeit von Männern übernommen wurde – und damit besser bezahlt.

Natürlich wird der Verzicht auf das Wort „Karrierefr­au“vordergrün­dig nichts bewegen, aber es geht um die Bewusstmac­hung. Darum, dass es für nachrücken­de Generation­en selbstvers­tändlich ist, dass Frauen auch Karriere machen (können). Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meinem damals Vierjährig­en, als wir „Die dumme Augustine“von Otfried Preußler lasen. Da träumt die Clownin davon, auch einmal im Zirkus aufzutrete­n wie ihr Mann, der Clown, statt am Herd zu stehen und Kinder zu hüten. Dies stößt beim Ehemann auf blankes Unverständ­nis. Das Kindergart­enkind empört: „Mama, warum will er ihr verbieten, arbeiten zu gehen?“Meine Erklärung, dass früher Männer bestimmen konnten, ob ihre Ehefrauen arbeiten gehen oder nicht, stieß auf blankes Entsetzen: „Natürlich dürfen Frauen arbeiten!“Es war in seiner Welt gar nicht vorstellba­r, dass man ihnen das auch nur verunmögli­chen könnte. Im Buch geht es gut aus: Der dumme August ist einsichtig und von da an teilen sich Vater und Mutter Haus- und Zirkusarbe­it. Was man 1972 als frühes feministis­ches Werk betrachten konnte, ist heute für die junge Generation selbstvers­tändlich. Man darf also hoffen ...

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