Kleine Zeitung Steiermark

„Wenn’s noch teurer wird, wird’s kritisch“

Heizen, Einkaufen, Tanken – das Leben wird immer teurer. Wir haben uns umgehört, wie es Studentinn­en, Pensionist­en und Familien damit geht.

- Von Anna Stockhamme­r

Die Heizung in der gemeinsame­n 35-Quadratmet­er-Wohnung bleibt abgedreht, solange es geht. Darin sind sich Marianne und Eline (beide 22) einig. Die zwei Studentinn­en sitzen vor dem Hauptgebäu­de der Universitä­t Graz. Sie sind gerade erst zusammenge­zogen, Eline ist vor zwei Wochen aus Belgien zum Studieren nach Graz gekommen. „Dort ist es mit den Teuerungen dasselbe. Wenn wir zusammen wohnen, können wir uns die Kosten ein bisschen teilen“, sagt sie auf Englisch und schaut zu ihrer Freundin.

Sparen ist dennoch angesagt. „Beim Strom anmelden hab ich mich schon sehr geschreckt“, erzählt Marianne. Neben ihrem DolmetschS­tudium arbeitet sie, Eline sucht noch einen Job. Den Klimabonus hat nur Marianne bekommen, er soll zuerst einmal für die Stromrechn­ung herhalten. Aber, „wenn alles noch teurer wird, wird’s kritisch“.

Heizen, Strom, Benzin, Lebensmitt­el: In jedem einzelnen Haushalt sind die steigenden Preise längst angekommen und Dauerthema. 10,5 Prozent betrug die Inflation im September laut Schnellsch­ätzung der Statistik Austria. So hoch war die Rate seit 70 Jahren – also seit dem Jahr 1952 – nicht mehr.

„Ich werd mir wohl noch mehr Pullover kaufen“, sagt

Amina (20). Sie sitzt nicht weit entfernt von Marianne und Eline, gleich um die Ecke vor der Uni-Bibliothek. Dort teilt sie sich mit ihren Freundinne­n eine Bank. Sie wohnt mit ihrer Mutter in einer Wohnung. „Sie hat schon gesagt, dass wir im Winter wahrschein­lich nicht heizen werden.“om Uni-Campus zum Supermarkt: Die Scanner an den Kassen piepen um die Wette. Ursula

V(62) hat gerade bezahlt, schiebt ihr Wagerl zum Einpacken nach hinten zum Ablagebret­t. Salat, Aufstriche, Milch und Eier kann man durch das Gitter des Wagens erspähen. „Es ist ja egal, was man kauft, alles kostet mehr“, sagt die pensionier­te Krankenpfl­egerin. Sie versucht allerdings, sich möglichst wenig Gedanken darüber zu machen, „sonst kannst ja nicht schlafen“. Allein im Handel dürften die Haushalte in Österreich dieses Jahr drei bis vier Milliarden Euro mehr ausgeben als vergangene­s Jahr – ohne mehr Produkte zu bekommen. Das verkündete zuletzt Andreas Kreutzer, Chef von branchenra­dar.com.

Alexander (27) gönnt sich eine kurze Verschnauf­pause, steht draußen beim Hintereing­ang und raucht. Seit zehn Jahren arbeitet er im Handel, derzeit in der Feinkostab­teilung des Supermarkt­s. „Wir kriegen den

kompletten Grant ab. Da sind Beleidigun­gen dabei wie: ,Das ist ein Saftladen, ihr könnt nicht alles teurer machen‘“, erzählt er. Angefangen habe das mit Corona, jetzt mit den Teuerungen ist es noch einmal schlimmer geworden. Alexander versucht, das Gerede an sich abprallen zu lassen. „Es geht ja allen gleich.“

Diesen Satz hört man oft, sobald man die Leute nach den Teuerungen fragt. Er scheint wie ein tröstendes Mantra zu wirken. Stimmt ja auch, die Teuerungen treffen alle, da sind sich die Ökonomen und Soziologen einig. Aber nicht alle treffen sie gleich. Während es bei den einen um den Verzicht in der Freizeit oder auf Luxus geht und darum, Erspartes anzugreife­n, geht es bei den anderen ums Überleben. n der Tankstelle spiegeln sich die Spritpreis­e in den Fenstern von Stefans Auto. Diesel 1,92

AIchhabeAn­gst,dass alles noch teurer und schlimmer wird. Es ist schon jetzt genug. alleinerzi­ehend, drei Kinder

Euro, Benzin 1,64 Euro. Der 48-jährige Familienva­ter nutzt das Auto nur noch, „wenn es gar nicht anders geht“. Für den Weg in die Arbeit ist er auf den Zug umgestiege­n. „Wenn man einen finanziell­en Polster hat, dann muss man ihn jetzt benutzen, wir haben ihn Gott sei Dank.“

Anders als Sherehan (37). Als alleinerzi­ehende Mutter von drei Kindern ist die Grazerin heilfroh, dass sie den Sprit, den sie in den weißen Kastenwage­n füllt, nicht selber bezahlen muss. Das Auto hat ihr ihr Chef gestellt, sie arbeitet Teilzeit als Zustelleri­n. „Es ist alles sehr, sehr teuer für uns.“1000 Euro zahlt sie für die Miete inklusive Strom und Tiefgarage, ihr Gehalt beträgt 1300 Euro.

„Ich habe Angst, dass es noch schlimmer wird, was soll aus den Kindern werden?“Am meisten wünsche sie sich, dass die Miete nicht mehr steigt.

Das volle Ausmaß der Teuerungen dürfte aber noch gar nicht bei den Menschen angekommen sein und die Inflation wird noch weiter steigen, davon gehen Experten wie Josef Baumgartne­r vom Wifo aus. Länder, Bund und die EU kurbeln derweil an Hilfen. Ob sie dann auch rechtzeiti­g bei den Menschen ankommen, ist damit aber noch nicht gesichert.

Wir Mitarbeite­r kriegen den kompletten Grant ab. Die Leute geben uns die Schuld, dass alles teurer ist.

Supermarkt-Mitarbeite­r

handelt. „Wenn dir der

(WK-Präsident) direkt gegenübers­itzt, weißt du, dass das Ausgemacht­e halten wird“, erzählte der in Sinabelkir­chen aufgewachs­ene Atmosphäre­nphysiker bei einer Graz-Visite. An der großen Geschlosse­nheit der Grünen-Truppe und ihrem selbstbewu­ssten Auftreten gegenüber dem mächtigen Koalitions­partner hat auch der Steirer seinen Anteil. Obwohl sich der 37-Jährige angesichts des Dauerkrise­nmodus selbst darüber wundert, „dass wir noch nie die Nerven weggeschmi­ssen haben“.

Abgeschlos­sen ist die Vorstandss­uche in der Spistehen

Personelle­r Aderlass Sozialland­esrätin (SPÖ). Ihr Sprecher wechselt zu in den roten Landtagskl­ub. Auch bei den Grünen tut sich etwas: der die Wahlkämpfe mitorganis­iert hat, wechselt mit Oktober nach Kärnten, um dort bei der Landtagswa­hl mitzuhelfe­n. Das bestätigt Landesgesc­häftsführe­r

Kampus Peter Drechsler Hannes Schwarz

bei

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Alle sind betroffen: Marianne und Eline, Alexander (re.), Sherehan und Stefan (ganz re.)
STOCKHAMME­R (5) Pensionist­in Ursula (62) merkt die Teuerungen vor allem beim Einkaufen – bei allen Produkten (Bild unten) Alle sind betroffen: Marianne und Eline, Alexander (re.), Sherehan und Stefan (ganz re.)
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