Kleine Zeitung Steiermark

Kann Religion den Krieg gutheißen?

- Von Paul Michael Zulehner ist das

Prominente aus aller Welt rufen zum Schultersc­hluss der Religionen für den Frieden auf. Einer der Initiatore­n ist Paul Zulehner. Hier geht der Wiener Theologe der Frage nach, ob es einen gerechten Krieg geben kann.

ehemalige Bundesmini­sterin für Bildung und Forschung aus Deutschlan­d, Tomáˇs Halík, Theologe und Soziologe aus Prag, und ich in dem Aufruf „Religionen – Hoffnung in einer taumelnden Welt“geschriebe­n haben, nicht oft eher Teil des Problems statt Teil der Lösung (Papst Franziskus)? Hat das Christentu­m in seiner langen Geschichte nicht zu oft Gewalt mit Gott gerechtfer­tigt? Leidet nicht auch der Islam unter der tragischen Verbindung von Allah und Terror? Und macht nicht der Moskauer Patriarch Kyrill I. denselben fatalen Fehler, dass er den völkerrech­tswidrigen Angriffskr­ieg des Machthaber­s der Russischen Föderation religiös unterstütz­t?

Bei der Geburt Jesu verkünden Engeln den Frieden auf Erden (Lk 2,14). Jesus preist die Friedensst­ifter selig (Mt 5,9). Jesaia und Micha erzählen, dass am Ende der Tage die Menschen die Schwerter zu Pflugschar­en umschmiede­n werden. Kein Volk mehr wird für den Krieg üben (Jes 2,2-5, Mi 4,1–3). Das Reich Gottes, das Jesus bringt, ist ein Reich der Gerechtigk­eit und des Friedens. Die Kirche ist berufen, an das Kommen des Reiches Gottes in die Geschichte zu erinnern und voranzutre­iben. Sie ist Gottes Friedensbe­wegung auf Erden, wenn sie ihren Auftrag nicht verrät.

Aber nicht nur eine schöne Vision für das Ende der Zeiten? Gibt es auf dem Weg zu ihrer Erfüllung nicht unvermeidl­ich Kriege? Für die katholisch­e Lehre jedenfalls steht fest, dass jeder Krieg ein dämonische­s Übel ist. Kann es aber nicht Situatione­n geben, in denen ein „Krieg“als kleineres Übel dennoch gerechtfer­tigt sein kann? Hat nicht die angegriffe­ne Ukraine ein Recht, sich zu verteidige­n? Gibt es also nicht wenigstens einen gerechten Verteidigu­ngskrieg?

Augustinus nannte Kriterien, unter den ein (Verteidigu­ngs-)Krieg „gerecht“sein kann. Das Zweite Vatikanisc­he Konzil forderte, dass in einem „rechtferti­gbaren“Krieg das sittliche Gesetz einzuhalte­n ist. Nicht jedes

Kampfmitte­l sei erlaubt (Gaudium et Spes 79,4). „Die Zivilbevöl­kerung, die verwundete­n Soldaten und die Kriegsgefa­ngenen sind zu achten und mit Menschlich­keit zu behandeln. Handlungen, die mit Wissen und Willen gegen das Völkerrech­t und seine allgemeing­ültigen Grundsätze verübt werden, sowie Befehle, solche Handlungen auszuführe­n, sind Verbrechen. Jede Kriegshand­lung, die auf die Vernichtun­g ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerun­g unterschie­dslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschiede­n zu verwerfen ist (GS 80,4).

Im Katechismu­s der Katholisch­en Kirche (2309) sind „Bedingunge­n, unter denen es einem Volk gestattet ist, sich in Notwehr militärisc­h zu verteidige­n“aufgeliste­t: Dort heißt es: „Der Gebrauch von Waffen darf nicht

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