Der Pate der Neandertaler
Der schwedische Evolutionsforscher erhielt den Medizin-Nobelpreis.
Was macht uns als Menschen einzigartig? Diese gar nicht so simple Frage steht im Mittelpunkt der Arbeit von Svante Pääbo. Und für den komplexen und kleinteiligen Versuch einer Antwort darauf erhielt der schwedische Evolutionsforscher am Montag den Medizin-Nobelpreis. Verliehen wird die Medaille am 10. Dezember durch das Nobelpreis-Komitee in Stockholm.
Durch seine Forschung, die einem Puzzle mit unendlich vielen Teilen gleichen kann, gelang Pääbo etwas, was andere Fachleute als unmöglich beschrieben haben: die Sequenzierung des Genoms des Neandertalers. Diese Erbinformation hat auch 2022 noch Relevanz. Denn Pääbo fand heraus, dass nach der Auswanderung aus Afrika vor etwa 70.000 Jahren ein Gentransfer von diesen inzwischen ausgestorbenen menschlichen Vorfahren auf den Homo sapiens stattgefunden hat. „Dieser uralte Genfluss zum heutigen Menschen hat auch aktuell physiologische Relevanz und wirkt sich beispielsweise darauf aus, wie unser Immunsystem auf Infektionen reagiert“, begründete das Nobelpreis-Komitee seine Entscheidung.
So zeigte Pääbo etwa, dass gewisse Neandertaler-Gene eher schützend im Zusammenhang mit Covid-19- und HIV-Infektionen wirken.
Pääbo wurde 1955 in Stockholm geboren. Man könnte fast sagen, die Auszeichnung wurde ihm in die Wiege gelegt, denn auch sein Vater, Sune Bergström, erhielt 1982 den Medizin-Nobelpreis. Mittlerweile lebt und forscht Pääbo in Leipzig, dort ist er einer von fünf Direktoren am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien zeigte sich hoch erfreut über den neuen Nobelpreisträger. Pääbo habe die Erforschung des Erbguts der menschlichen Spezies bis zu einem gewissen Grad neu begründet, erklärte der Forscher, und fügte hinzu: „Svante Pääbo ist der ,Godfather’ der alten DNA für uns.“