Sterbehilfe: „So kann das Gesetz nicht bleiben“
Das Gesetz, das den assistierten Suizid für Schwerkranke erlaubt, stößt nach wie vor auf Kritik. Angehörige finden sich in einem „bürokratischen Spießrutenlauf“wieder, Mediziner und Ethiker sehen die Gefahr, dass Schwerkranke unter Druck kommen.
ter hätte das alles nie allein geschafft.“
Patientenanwältin Michaela Wlattnig weiß von den Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Gesetzes: „Man hat Anspruch darauf, aber eigentlich muss keiner dem folgen.“Man könne schließlich keinen Arzt zum Aufklärungsgespräch, keinen Apotheker zur Herausgabe des Medikaments zwingen. Die Folge: „Den Angehörigen wird viel zugemutet. Man drängt sie in eine Rolle, die Professionelle übernehmen müssten.“
Mediziner. Dass es besonders schwer ist, einen Palliativmediziner zu finden, hat Wlattnig schon öfter gehört. Grundsätzlich sind laut der steirischen Ärztekammer in der Ärztesuche 75 Mediziner zu finden, die Aufklärung zur Sterbeverfügung anbieten, 40 davon sind Palliativmediziner. Als Betroffener oder Angehöriger muss man sich durchtelefonieren. Nur weil ein Arzt gelistet ist, heißt das nicht, dass er in jedem konkreten Fall ein Gespräch machen will. „Dass viele Ärztinnen und Ärzte der Erfüllung von Sterbewünschen kritisch gegenüberstehen, ist eine Tatsache“, sagt Michael Sacherer, Präsident der steirischen Ärztekammer.
Eine steirische Palliativmedizinerin, die lieber anonym bleiben möchte, erzählt, dass sie sogar Anfragen aus anderen Bundesländern bekomme, weil sie eine der wenigen ist, die Aufklärungsgespräche durchführe. Sie sagt: „Für mich ist es schon belastend, die Aufklärung zu machen, aber ich sehe es als meine Aufgabe, die Menschen anzuhören und sie zu begleiten.“Mit Betroffenen spricht sie auch über Alternativen.
Unter den Palliativmedizinerinnen und -medizinern herrsche viel Unsicherheit, sagt Dietmar Weixler, Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG). Die Sterbehilfe widerspreche den Grundsätzen der Ärzte. Außerdem raube der Aufwand die Zeit für die eigentlichen Tätigkeiten. Schon bei der Einführung des Gesetzes sei die Skepsis groß gewesen. So groß, dass die OPG
eine Meldeplattform geschaffen hat, wo neben dem Sterberegister des Gesundheitsministeriums die Fälle von Sterbehilfe aufgezeichnet werden.
Wlattnig von der Pflegeombudsschaft
Keine Forschung. Nach den Daten aus dem Ministerium wurden mit Stand Dezember 2022 insgesamt 111 Sterbeverfügungen errichtet, 90 Mal wurde das Medikament in einer Apotheke ausgegeben. Durchgeführt wurde eine „einstellige“Anzahl an assistierten Suiziden. Die Melder OPG zeigt im letzten Jahr 21 durchgeführte Sterbehilfen. Die Diskrepanz ergibt sich laut Weixler durch die „schlampige“Totenbeschau. Auf der Plattform können etwa Angehörige die Fälle melden. Repräsentativ ist das nicht. Aber man gewinne Erkenntnisse, heißt es dazu von der OPG.
Eigentlich habe die Politik eine begleitende Forschung zum Sterbeverfügungsgesetz versprochen, sagt Patientenanselbst wältin Wlattnig. Die sei zurzeit aber nicht angedacht, antwortet das Ministerium auf Anfrage.
Laut der OPG sind jene, die Sterbehilfe beanspruchen, zwischen 43 und 97 Jahre alt, die meisten leiden unter Tumoren oder Erkrankungen des Nervensystems. Zwei Drittel sind Frauen. Sie seien öfter einsam und erhielten weniger soziale Unterstützung. Als Motiv wurde am häufigsten „Leiderleben“angegeben. Darunter fallen laut der OPG Hoffnungslosigkeit oder Angst vor dem Ausgeliefertsein.
Ruf nach Lösungen. Die OPG und die Hospizbetreiber fordern einen Ausbau der Palliativmedizin. Sie würde das Gesetz unnödeplattform