Warum der Kitt einer Bezirksfusion bröckelt
Nachwehen der Bezirksfusion plagen die Südoststeiermark.
Für die Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark wird ein neues Organisations- und Entwicklungskonzept erstellt. Eine kolportierte Konzentration am Standort Feldbach sorgt für Aufregung in der Belegschaft – und im Altbezirk Radkersburg, wo man eine Ausdünnung wittert.
Seit Sommer 2022 brodelt es in der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark. Auslöser ist der Auftrag, ein neues Organisationskonzept zu entwickeln. Dazu ist die neue Bezirkshauptfrau Elke Schunter-Angerer mit Amtsantritt verpflichtet worden. Erste Pläne wurden ruchbar, dass angeblich die BH-Referate in Feldbach konzentriert werden sollen und im Abtausch dafür das Sozialreferat ganz nach Bad Radkersburg kommen soll – das ist der große Aufreger: Es bedeute längere Wege für die Belegschaft, von der jetzt schon einige aus Weiz einpendeln, und für Menschen, die das Sozialreferat brauchen, sei es angesichts der Verkehrsverbindungen dann noch schwieriger, die Behörde zu erreichen.
Dabei hatte man als gemeinsame Klammer für die äußerst umstrittene Fusion der Bezirke Feldbach und Radkersburg zum neuen Bezirk Südoststeiermark per 1. Jänner 2013 im Vorfeld ein Zwei-Standorte-Modell für die Bezirkshauptmannschaft ausgehandelt (siehe Infobox). Das funktionierte bisher durchaus gut. Wenn in der Belegschaft der BH nun erhebliche Unruhe herrscht, droht die gemeinsame Klammer locker zu werden oder gar zu brechen.
Auch wenn sich weder Bezirkshauptfrau Elke SchunterAngerer noch Landesamtsdirektion konkret zu den Plänen äußern, wurde offenbar die Büchse der Pandora geöffnet. Sogar Landeshauptmann Christopher Drexler rückte kürzlich aus, um zu beruhigen: „An den beiden Standorten Feldbach und Bad Radkersburg wird nicht gerüttelt.“Die angebotenen Leistungen für die Bevölkerung sollen erhalten bleiben. Allerdings müsse zehn Jahre nach der Fusion gut angeschaut werden, ob gewisse strukturelle Veränderungen Sinn machen und umgesetzt werden können, so Drexler. Das könnte sich als missglückter Löschversuch entpuppen. Denn der Begriff lässt die Alarmglocken schrillen. Endet er doch oft mit Kürzungen oder Schließungen. Die beiden BH-Außenstellen in Kirchbach und Mureck wurden im Zuge der Pandemie geschlossen – und nicht wieder geöffnet.
Kalmierungsversuch scheiterte auch, weil er kein Wörtchen zur kolportierten Verlegung des Sozialreferats verlor. Für eine Draufgabe in der Debatte sorgte kürzlich eine Aussendung der Plattform „Lebenswertes Bad Radkersburg“und des Lionsclub Bad Radkersburg-Mureck, dass erste Sozialarbeiter bereits gekündigt hätten. Für Bezirkshauptfrau Schunter-Angerer „Fake News“– es gebe keine Kündigungen.
Mitte Februar soll allerdings vom Land mit der Behördenchefin über ihr Konzept geredet werden. Dass ein Referat komplett verlegt wird, schließt man in Graz mittlerweile aus.
Jedenfalls bietet die Causa BH für den Süden des Bezirks zusätzlichen Zündstoff. Hatte doch erst kürzlich Bad Radkersburgs Bürgermeister Karl Lautner die zunehmende Ausdünnung beklagt. 2022 musste der Altbezirk Radkersburg große Brocken schlucken: Eine aus Ärztemangel notwendige Umstrukturierung am LKH-Standort Bad Radkersburg schürte die beständige Angst vor der Schließung des gesamten LKHStandorts. Zudem drohte der Fachschule Halbenrain aus Schülermangel das Aus.
Die Angst, zunehmend an Bedeutung zu verlieren, verfolgt den Altbezirk seit der Bezirksfusion – auch, weil man nie mit Feldbach zur Südoststeiermark werden wollte. Einen Teil der Radkersburger zog es seit jeher in Richtung Leibnitz. „Es ist eine Gefühlssache“, hat Werner Grassl, früherer Bürgermeister der ehemaligen südoststeirischen Gemeinde Murfeld Ende 2019 gesagt, „das tagtägliche Leben findet in Leibnitz statt. Es gibt null Bezug nach Feldbach.“