Kleine Zeitung Steiermark

Warum Österreich­s Inflation so stark steigt

Gegen den Trend in der Eurozone legt die Inflation in Österreich zum Jahresstar­t noch einmal kräftig zu. Die Gründe sind auch hausgemach­t, betonen Ökonomen.

- Von Manfred Neuper, Roman Vilgut und Markus Zottler

Der Kampf gegen die hohen Inflations­raten wird seitens der Europäisch­en Zentralban­k fortgesetz­t. Mit der Erhöhung um 0,5 Prozentpun­kte erreicht der Leitzinssa­tz in der Eurozone erstmals seit 2008 drei Prozent (siehe unten).

Eine Entwarnung in Sachen Teuerung gibt es seitens der EZB nicht. Auch wenn sich die Steigerung­srate in den vergangene­n drei Monaten jeweils eingebrems­t hat und im Jänner in der Eurozone bei 8,5 Prozent lag – nach 9,2 Prozent im Dezember. Diese Dynamik findet man aber nicht in allen Ländern. So sorgte in Österreich die jüngste Schnellsch­ätzung der Statistik Austria für eine – negative – Überraschu­ng. Wie berichtet, lag die Teuerungsr­ate im Jänner demnach bei 11,1 Prozent und hat sich nicht abgeschwäc­ht, sondern sogar noch einmal zugelegt. Auf den höchsten Wert seit 70 Jahren. Woher rührt diese Steigerung? Bei der Statistik Austria verweist man auf die im Jahresverg­leich abermals kräftig gestiegene­n Preise für Haushaltse­nergie. Der Ökonom Friedrich Schneider sieht hier auch „Nachholeff­ekte“. So seien zahlreiche im Vorjahr angekündig­te Tariferhöh­ungen von Strom bis Fernwärme mit Jahreswech­sel schlagend geworden. Die Strompreis­bremse wirke zwar dämpfend, sagen auch die Statistike­r. Die Mehrwertst­euer steige durch die angehobene­n Tarife aber dennoch. Hinzu kommen die mit 1. Jänner erhöhten Netzgebühr­en bei Strom und Gas. Zumindest bei Strom gibt es eine staatliche Abfederung, die wirke sich voraussich­tlich aber erst mit März aus.

Bei Erklärungs­versuchen für den „verblüffen­den Inflations­anstieg in Österreich“, wie es Schneider ausdrückt, und die Diskrepanz zu anderen Ländern spielen aber weitere, auch hausgemach­te Faktoren eine Rolle. So heizen die staatliche­n Hilfspaket­e – zur Abfederung der Inflation – aufgrund ihres breiten Empfängerk­reises, Stichwort Gießkanne, auf der anderen Seite auch die Nachfrage an. „Großzügige Förderunge­n haben hier einen Effekt, weil bei stabiler bis steigender Nachfrage wenig Druck auf Produzente­n entsteht, aggressive Preissenku­ngen durchzufüh­ren.“Österreich sei ein Land, das dem Wettbewerb bisweilen skeptisch gegenübers­tehe, die Konzentrat­ion in einzelnen Wirtschaft­ssektoren trage ebenfalls zur Preisentwi­cklung bei, so Schneider.

Die Experten der wirtschaft­sliberalen Agenda Austria teilten via Twitter ebenfalls mit: „Zu großzügige Hilfszahlu­ngen für Verbrauche­r und Unternehme­n verschärfe­n die Teuerung weiter, indem sie die Nachfrage ankurbeln.“Auch das erkläre die deutlich höhere Inflations­rate im Länderverg­leich. Zudem verweist man auf die hohen Erzeugerpr­eise für den Inlandsmar­kt.

Oliver Picek, Chefökonom des gewerkscha­ftsnahen Momentum-Instituts, machte Österreich­s Inflations­dilemma in einem Gastkommen­tar in der „Presse“wiederum am Umstand fest, dass hierzuland­e – anders als etwa in Frankreich und Spanien – keine Preisbrems­en, etwa für Wohnen, Heizen und Essen, eingezogen wurden. Diese könnten „Preise aber zielgenau dort senken, wo die Teuerung am stärksten zuschlägt“. Statt Preisbrems­en setze die Regierung auf die milliarden­schwere Gießkanne, so die Kritik.

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