Ukraine: Frieden durch Friedensbemühungen
„Die berechtigten Interessen der Ukraine müssten berücksichtigt werden, ebenso wie russische Grundbedürfnisse.“
In der Kleinen Zeitung plädiert Chefredakteur Hubert Patterer für die Aufrüstung der Ukraine als Beitrag zum Frieden. Im Ton abwägend, in der Sache eindeutig, verwehrt er sich gegen den von Pazifisten angeblich angestrebten „Unterwerfungsfrieden“. Patterer ist Realist genug zu sehen, dass die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen kann, aber er fordert Panzerlieferungen, um „ein militärisches Patt zu erkämpfen“. Nur durch ukrainische Erfolge auf dem Schlachtfeld könne Russland zu Verhandlungen gezwungen werden.
Das klingt plausibel – eine traurige Realität. Aber ist die Sache nicht doch etwas komplizierter? Schon im Vorfeld des Krieges hat der Westen auf russische Aggressivität seinerseits mit Aufrüstung und Verweigerung von Diplomatie reagiert und damit ebenfalls an der Konfliktspirale gedreht. Nun herrscht die Logik des Krieges – aufseiten der Invasoren wie aufseiten ihrer Opfer. Gewaltfreier Widerstand, obwohl von Anfang an vorhanden, wurde marginalisiert. Friedensverhandlungen zu Beginn der Invasion wurden, wie manche Quellen behaupten, auf westlichen Druck, abgebrochen. Der Kriegslogik folgend ist die neue Aufrüstung der Ukraine tatsächlich unvermeidlich. Dass Russland dies aber als einen vorletzten Schritt zum direkten Kriegseintritt der NATO betrachtet, sollte man nicht einfach beiseite wischen. So ist es fragwürdig, ob diese Strategie aufgeht. Auf militärische Misserfolge reagiert Russland bislang mit der Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur – hier ist noch eine gewaltige Eskalation zu befürchten.
Die USA und die EU sollten daher das Einvernehmen mit großen Ländern des Südens suchen, um Druck für Verhandlungslösungen auszuüben. Die berechtigten Interessen der Ukraine müssten berücksichtigt werden, ebenso wie russische Grundbedürfnisse (nicht: Kriegsziele). Es wäre endlich eine Initiative, dass das Morden aufhört. Das ist noch keine Strategie, aber eine klare Richtung. Es wäre schön, wenn auch die Medien des neutralen Österreich sich dieser Richtung verschreiben würden.
Werner Wintersteiner ist Universitätsprofessor in Ruhe, Friedensforscher und Friedenspädagoge.