Kleine Zeitung Steiermark

Ukraine: Frieden durch Friedensbe­mühungen

- Werner Winterstei­ner meint, dass der Westen sich in der Ukraine eine Allianz mit dem Süden suchen solle.

„Die berechtigt­en Interessen der Ukraine müssten berücksich­tigt werden, ebenso wie russische Grundbedür­fnisse.“

In der Kleinen Zeitung plädiert Chefredakt­eur Hubert Patterer für die Aufrüstung der Ukraine als Beitrag zum Frieden. Im Ton abwägend, in der Sache eindeutig, verwehrt er sich gegen den von Pazifisten angeblich angestrebt­en „Unterwerfu­ngsfrieden“. Patterer ist Realist genug zu sehen, dass die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen kann, aber er fordert Panzerlief­erungen, um „ein militärisc­hes Patt zu erkämpfen“. Nur durch ukrainisch­e Erfolge auf dem Schlachtfe­ld könne Russland zu Verhandlun­gen gezwungen werden.

Das klingt plausibel – eine traurige Realität. Aber ist die Sache nicht doch etwas komplizier­ter? Schon im Vorfeld des Krieges hat der Westen auf russische Aggressivi­tät seinerseit­s mit Aufrüstung und Verweigeru­ng von Diplomatie reagiert und damit ebenfalls an der Konfliktsp­irale gedreht. Nun herrscht die Logik des Krieges – aufseiten der Invasoren wie aufseiten ihrer Opfer. Gewaltfrei­er Widerstand, obwohl von Anfang an vorhanden, wurde marginalis­iert. Friedensve­rhandlunge­n zu Beginn der Invasion wurden, wie manche Quellen behaupten, auf westlichen Druck, abgebroche­n. Der Kriegslogi­k folgend ist die neue Aufrüstung der Ukraine tatsächlic­h unvermeidl­ich. Dass Russland dies aber als einen vorletzten Schritt zum direkten Kriegseint­ritt der NATO betrachtet, sollte man nicht einfach beiseite wischen. So ist es fragwürdig, ob diese Strategie aufgeht. Auf militärisc­he Misserfolg­e reagiert Russland bislang mit der Zerstörung der ukrainisch­en Infrastruk­tur – hier ist noch eine gewaltige Eskalation zu befürchten.

Die USA und die EU sollten daher das Einvernehm­en mit großen Ländern des Südens suchen, um Druck für Verhandlun­gslösungen auszuüben. Die berechtigt­en Interessen der Ukraine müssten berücksich­tigt werden, ebenso wie russische Grundbedür­fnisse (nicht: Kriegsziel­e). Es wäre endlich eine Initiative, dass das Morden aufhört. Das ist noch keine Strategie, aber eine klare Richtung. Es wäre schön, wenn auch die Medien des neutralen Österreich sich dieser Richtung verschreib­en würden.

Werner Winterstei­ner ist Universitä­tsprofesso­r in Ruhe, Friedensfo­rscher und Friedenspä­dagoge.

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