Europameister in Selbstüberschätzung
„Schon die bescheidensten Erfolge führen zu Euphorie, nationaler Selbstüberschätzung und Träumerei.“
Mit Erstaunen stellt man fest, dass es in Österreich große Parallelen zwischen Fußball und Stromerzeugung gibt. Schon die bescheidensten Erfolge führen da wie dort zu Euphorie und nationaler Selbstüberschätzung. Experten der Fußballzunft werden nicht müde, nach einigen Siegen auf die Chancen der Nationalmannschaft hinzuweisen, Fußball-Europameister zu werden. Träumereien existieren auch in der Stromwende weg von der fossilen Erzeugung hin zu Wasser, Wind, Sonne, Biomasse. Auch hier sind wir nach Pressemeldungen Europameister. Nur das kleine Luxemburg – angeblich mit rund 90 Prozent Produktion aus erneuerbaren Quellen – liegt vor uns, die wir seit 2023 87 Prozent Grünstrom erzeugen.
Allein der Hinweis auf Luxemburg hätte alle Alarmglocken zum Schrillen bringen müssen – dort werden nämlich mehr als 90 Prozent des gebrauchten Stroms importiert und nur knapp 10 Prozent im Land erzeugt und davon nicht alles grün.
Wie schaut es nun wirklich mit der Jubelmeldung aus, nur mehr 13 Prozent vom politischen Ziel „100 Prozent Grünstrom für Österreich“entfernt zu sein?
Selbst in einer Jahresbilanz-Darstellung – und nicht in echten physikalischen Strömen gerechnet – muss man den Jahresverbrauch Österreichs nehmen und der liegt 2023 bei rund 65 TWh. Das heißt, dass zu den im Lande produzierten 55 TWh auch rein bilanziell 10 TWh Importstrom hinzuzurechnen sind und hier unterstellen wir, dass es sich nicht um Grünstrom, sondern eher um Kohle- und Nuklearenergie handelt. Das bedeutet, dass für den Europameister in der Stromwende nicht „nur mehr 13 Prozent fehlen“, sondern das Doppelte. Der nicht zu Unrecht hochgejubelte PV-Zuwachs liegt gemessen an den für 2030 geforderten 30 TWh Jahresproduktion an Sonnenstrom bei derzeit bescheidenen knapp 3 TWh.
Statt sachlich nicht haltbarer Aussendungen sollte es schnellstmöglich Antworten auf die ungeklärten Fragen eines beschleunigten Stromnetzausbaus und der Speicherung geben.