Wie der FPÖ-Skandal jetzt bundesweit Thema ist
2021 deckte die Kleine Zeitung den Finanzskandal in der Grazer FPÖ auf. Jetzt, im Wahljahr, wird er bundesweit beachtet.
Fördermittel aus der öffentlichen Hand als Goldesel für die FPÖ – das ist das Bild, das das Cover des Nachrichtenmagazins Profil in der aktuellen Ausgabe ziert. Bundeschef Herbert Kickl sitzt auf dem Esel, Landeschef Mario Kunasek fängt die Goldmünzen auf, die dem Esel aus dem Maul fallen. Dazu der Titel „Unser Geld für uns’re Leut’“.
Das sitzt. Und spätestens jetzt ist der Finanzskandal der Grazer FPÖ bundesweit ein Thema – mehr als zwei Jahre, nachdem ihn die Kleine Zeitung aufgedeckt hat. Begonnen hat der ORF-Report Ende 2023, zum blauen Bundesparteitag in Premstätten in der Vorwoche widmete sich das Ö-1-Mittagsjournal dem Grazer Skandal. Und jetzt das plakative Profil-Cover.
Unterm Strich geht es um bis zu 1,8 Millionen Euro, die aus Fördermitteln für den Gemeinderatsklub lukriert wurden und deren Verwendung unklar ist. Unzählige Konten, Barbehebungen bis zu 50.000 Euro und mehr machten die Ermittler stutzig – sie werfen der ExSpitze rund um Mario Eustacchio Betrug und Untreue vor. Dieser und sieben der Mitangeklagten weisen die
Vorwürfe zurück, nur der ehemalige Finanzreferent der Partei bekennt sich schuldig und nimmt die ganze Schuld auf sich. Nicht glaubwürdig, befand der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter, der in einem ersten Bericht von „hoher Verschleierungsenergie“schreibt.
Die Kleine Zeitung und der Standard berichten seit zwei Jahren regelmäßig über die (mäßigen) Fortschritte bei den Ermittlungen, andere Medien haben es als lokalen Skandal im Wesentlichen ignoriert.
Das hat sich jetzt geändert. Aber warum?
Heuer ist Wahljahr, im
Bund wie im Land. Und ein U-Ausschuss steht vor der
Tür, bei dem ÖVP und SPÖ versuchen werden, der FPÖ und Kickl, die die Umfragen konstant anführen, am Zeug zu flicken.
Inhaltlich gibt es nichts Neues, außer dass nun auch nicht näher definierte Verantwortliche in der Landes-FPÖ als Beschuldigte geführt werden (wir berichteten). Damit ist die Landespartei mitten im Verfahren und nicht nur deren Chef Kunasek, der wegen vermeint- licher Beweismittelunterdrückung als Beschuldigter geführt wird.
KFG-Klubobmann Alexis Pascuttini reagiert auf die Vorwürfe, die per anonymem Mail gegen Citycom-Geschäftsführer Bernd Stockinger erhoben werden. Beteiligungsreferent Manfred Eber (KPÖ) lässt die Sache prüfen. Pascuttini fordert, dass alle Vorwürfe, die im Mail mit Rechnungen und Dokumenten untermauert werden sollen, ausgeräumt sein müssen, ehe eine Wiederbestellung Stockingers in Betracht komme – „andernfalls muss das Hearing am 2. Februar verschoben werden“.
Seine Hartnäckigkeit hat sich bereits in Österreich ausgezahlt, jetzt ist seine Initiative auch in Deutschland angekommen: Christian Weniger, Grazer Stadtspaziergänger der Kleinen Zeitung, hat mit Helmut Konrad und anderen Historikern dafür gesorgt, dass Österreich Ehrenzeichen posthum aberkennen kann. Anlass war der ehemalige deutsche Kanzleramtschef Hans Globke, dem die Republik 1956 das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande überreichte – dabei war er Mitverfasser der Nürnberger Rassengesetze. Nach einem Parlamentsbeschluss wurde ihm die Ehre nun aberkannt. Der Nazi-Jurist wurde 1963 auch in Deutschland geehrt – und jetzt gibt es dort dieselbe Debatte. Die Süddeutsche Zeitung stellte unter „Blamage am Band“in einem Artikel die Frage, warum Österreich Globke zum Anlass für eine Gesetzesänderung nehmen kann, Deutschland selber aber nichts tut. Und der Reporter reiste nach Graz und fragte bei Weniger und Konrad nach, wie dies gelungen ist.