Intensive Auslotung der (Un-)ordnung
Systemische Vorgänge und flauschige Ritter der Kindheit im Kunsthaus Muerz.
Für ihre Auswahl von 18 künstlerischen Beiträgen ließen sich die Kuratoren Margarethe Makovec und Anton Lederer von einer Arbeit der friulanischen Künstlerin Teresa Cos leiten. Ihre Audio-/Videoinstallation „The Measure of Disorder“(2018) ist die in zwei gegenläufigen Filmen fiktiv erzählte letzte Zugreise des Physikers Ludwig Boltzmann von Wien nach Duino. In Anlehnung an Boltzmanns thermophysikalische Untersuchungen visualisiert Cos in „Das Maß der Unordnung“assoziativ dessen vorrangige Erkenntnisse um Entropie, Chaos und zeitliche Umkehrbarkeit. Vor allem die Entropie als Maß für systemimmanente Unordnung ist damit Anlass für die inhaltliche Ausrichtung der Schau mit dem Titel „Die Zeit zerfällt oder das Maß an Unordnung“.
Zahlreiche Aufnahmen von abgerissenen Plakaten, Nebensächlichem oder Überbleibseln im Stadtraum nimmt etwa der Grazer Fotograf Martin Osterider unter dem Titel MANUAL / (STILL-LIFE) (2022/23) aus ihrem ursprünglichen Kontext und bringt sie auf Schautafeln in eine neue Ordnung. Die in
Graz lebende Ukrainerin Olia Fedorova stellt in Zeichnungen auf Papierbahnen den nächtlichen Sternenhimmel über Charkiw den nun infolge des Krieges verminten Landstrichen gegenüber.
Von der Slowenin Meta Grgurevič stammt ein „Dancing Dress“als Symbolbild körperlicher Auflösung und erhaltener Form, während die Installation der in Paris lebenden Grazerin Anaïs Horn wie die räumliche Umsetzung eines Traumbildes anmutet: Im Schloss Miramare verbrachte Kaiser Maximilians Gemahlin Charlotte von Belgien ihre letzten Tage. Anderes in der Galerie des Kunsthaus Muerz: Sebastian Supanz zeigt einen Zyklus von „Wool Paintings“. In leuchtenden Farben handeln malerische Kompositionen aus gefilzter Wolle von Rittern. Mittels künstlicher Intelligenz auf Basis eigener früherer Arbeiten gestaltet Supanz Erinnerungen an die Literatur seiner Kindheit.