Grippe-Impfaktion mit Kinderkrankheiten
Impfaktion gegen echte Grippe blieb hinter den Zielen zurück. Gut gedacht, manches aber nicht gut gemacht: Eine erste Bilanz zur Impfkampagne gegen die echte Grippe zeigt, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt.
Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Von einer Million Impfdosen, die heuer zum Schutz vor der Influenza, der „echten Grippe“, für Österreich bestellt wurden, seien bis dato laut E-Impfregister nur 760.000 verimpft worden, was eine Impfrate von 8,3 Prozent bedeutet. Die angestrebte Durchimpfungsrate von elf Prozent werde nur im Burgenland erreicht werden, sagt ÖGK-Arbeitnehmer-Obmann Andreas Huss.
In der Steiermark werde die Durchimpfungsrate bei etwa zehn Prozent liegen. Zwar betonen Experten, dass es noch nicht zu spät ist, sich impfen zu lassen – tatsächlich sind die wöchentlichen Impfzahlen aber auf einem niedrigen Niveau.
Bei der Grippeimpfung war heuer alles anders: Erstmals organisierte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) ein öffentliches Impfprogramm, bei dem der Grippeimpfstoff für alle Altersgruppen gratis war. Zu bezahlen war für Erwachsene lediglich ein Selbstbehalt von sieben Euro bei der Ärztin oder dem Arzt. Was prinzipiell eine gute Sache ist, hatte mit Anlaufschwierigkeiten und Logistikproblemen zu kämpfen. Eine erste Bilanz zeigt: Gut gedacht, für die nächste Saison gehört aber einiges besser gemacht.
Dass der Gratis-Impfstoff durchaus das Potenzial hat, die Impfbereitschaft zu erhöhen, zeigen die Zahlen des Grazer Gesundheitsamtes: „Wir haben um ein Viertel mehr Impfungen verabreicht“, sagt Leiterin Eva Winter. Vor allem die Kombination von Grippe- und Covid-19-Impfung sei „sehr gut angenommen“worden. Das Amt hatte auch immer genügend Impfstoffe vorrätig.
Anders sah das in so mancher Arztpraxis aus, wie Michael Adomeit, Impfreferent der steirischen Ärztekammer, berichtet: „Gerade der Seniorenimpfstoff war von Anfang an Mangelware“– er habe in seiner Ordination schon in der ersten Woche des Impfprogramms alle Dosen dieses Spezialimpfstoffs verimpft, ein Nachbestellen sei nicht möglich gewesen. Dabei sei gerade bei Älteren das Interesse an der Grippeimpfung groß, hier habe man ein gesteigertes Interesse durch den kostenlosen Impfstoff gesehen.
Massive Impflücken gebe es aber bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wie Kinder- und Jugendfacharzt und Impfexperte Hans Jürgen Dornbusch unterstreicht: „Leider wird sowohl die Schwere der Erkrankung als auch die Wirksamkeit der Influenza-Impfung noch immer unterschätzt.“Ein Verteilungschaos bei den nasalen Kinderimpfstoffen, die verspätet geliefert wurden und wodurch bereits vereinbarte Impftermine immer wieder verschoben werden mussten, verschärfte die geringe Impfwilligkeit bei den Jungen und deren Eltern weiter.
Die Bestellung und Verteilung der Impfstoffe zeigte sich ebenso als Sollbruchstelle wie die „Weiterverteilung“übrig gebliebener Impfstoffe: So hätten manche Ordinationen mehr Dosen bestellt, als tatsächlich nachgefragt wurden. Dadurch entstand das Problem, dass manche Ordinationen noch
Impfstoff hatten, den andere impfende Ärztinnen und Ärzte verzweifelt gesucht hätten. Eine elektronische Plattform zum Austausch könne hier Abhilfe schaffen – ebenso wie ein elektronisches Bestellsystem, mit dem Impfstoffdosen transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden können.
Für den Grazer Kinder- und Jugendfacharzt Dornbusch war ein Grundproblem eine zu geringe Gesamtmenge an Impfstoffen, um die Durchimpfungsrate zu steigern. „In großen Ländern wie den USA sind Durchimpfungsraten um die 50 Prozent Normalität“, sagt Dornbusch. Für die nächste Saison plädiert er außerdem dafür, dass der Selbstbehalt von sieben Euro für Erwachsene ganz wegfalle – das sorge nur für „unnötige Bürokratie“. Auch sollte die Impfaktion von einer klaren Informationskampagne begleitet werden.
Dornbusch unterstreicht ebenso wie Adomeit, dass es noch nicht zu spät sei, sich oder seine Kinder gegen Influenza impfen zu lassen – der erste Ansprechpartner sei der eigene Hausarzt, die Hausärztin bzw. der Kinder- und Jugendfacharzt. Der Höhepunkt der Grippewelle stehe noch bevor, der Schutz durch die Impfung baut sich innerhalb von etwa zehn Tagen auf.