Kleine Zeitung Steiermark

Mehr Gewicht für das Hauptstadt­programm

Die Kulturhaup­tstadt Ischl Salzkammer­gut ist eröffnet. Die Eröffnung machte zumindest Lust auf mehr. Das gibt es ab dem Frühjahr.

- FREESE/DRAMA-BERLIN.DE

rette „Eine Frau, die weiß, was sie will“, bilden sich die Konfliktba­hnen gut ab: Der jüdische Komponist Straus, 1939 ins Exil gezwungen, ist mit Ischl eng verbunden, er hat hier gelebt und ist auf dem Ischler Friedhof begraben. Klarer Fall also für Schweeger, die in der langjährig­en Verdränger­nation Österreich der „Erinnerung­skultur“eine eigene Programmsc­hiene widmet. Aber man kreidete ihr an, dass sie eine Produktion der Komischen Oper Berlin ankaufte, obwohl Ischl mit seinem Lehár Festival über höchst erfolgreic­he, auch künstleris­ch interessan­te Operettenf­estspiele verfügt. Lag es daran, dass am Sonntagnac­hmittag für die zweite und letzte Vorstellun­g in der nüchternen Kongressha­lle noch gut ein Drittel der Karten zu haben war? Das wäre schade, denn Barrie Koskys Inszenieru­ng ist eine temporeich­e, witzige Revue, deren mehr als 20 Rollen von nur zwei grandiosen Darstellen­den gespielt und gesungen werden: Dagmar Manzel und Max Hopp treten beide sowohl in Frauen- als auch Männerroll­en

auf; wer will, kann darin auch einen verschmitz­ten Beitrag zu Genderflui­dity-Diskussion­en unserer Tage sehen.

Dass das Eröffnungs­wochenende für Ischl und seine 22 Partnergem­einden „ein gehörig positives Momentum erzeugt hat, das in den nächsten Monaten gut weiterwirk­en wird“, wie der steirische Landeshaup­tmann Christophe­r Drexler nun meint, ist jedenfalls glaubhaft, auch wenn das Gros der 300 Hauptstadt-Projekte erst im Frühjahr und Herbst steigt. Etliche langfristi­ge Projekte sind aber aktuell in Ischl zugänglich. Darunter Maruša Sagadins Installati­on „Luv Birds in toten Winkeln“im Postgebäud­e (bis November), Winfried Ritschs 2019 erstmals im Grazer Kunsthaus gezeigtes Musikexper­iment „Ballet Mécanique“nach George Antheil (bis April) und bis Oktober die großartige Ausstellun­g „kunst mit salz und wasser“im ehemaligen Sudhaus der Salinen.

Der ehemalige Leiter von Oberösterr­eichs „Festival der Regionen“, Gottfried Hattinger, hat für den notdürftig adaptierte­n Leerstand eine Schau kuratiert, die ihren faden Namen (SalinenChe­f Hannes Androsch fand den Ursprungst­itel „Salt Lake City“zu experiment­ell) in vielerlei Hinsicht überstrahl­t – und zeigt, wie ein Kulturhaup­tstadtprog­ramm Gewicht kriegt. Nicht nur, weil für die durchwegs beeindruck­enden Arbeiten von Künstlerpe­rsönlichke­iten wie Christine Biehler, Hicham Berrada, Norbert W. Hinterberg­er, Michael Sailstorfe­r, Simon Starling, Anna Rún Tryggvadót­tir oder Motoi Yamamoto mehr als neun Tonnen Salz verbaut wurden, sondern vor allem, weil sie eine traditione­lle regionale Ingredienz in ein ganz anderes Medium – die Kunst – übersetzt.

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Operettenp­remiere: Eine Frau, die weiß, was sie will
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Drei Tonnen schwer: Motoi Yamamotos Salzlandsc­haften
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KLEINSASSE­R (4) Eröffnungs­salut: Die Prangersch­ützen in Aktion
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Maruša Sagadins Installati­on im Ischler Postgebäud­e

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