Kleine Zeitung Steiermark

Maskenfirm­a insolvent

Skandalgeb­eutelte Firma will sich sanieren.

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Die Firmengesc­hichte des Coronamask­en-Hersteller­s Hygiene Austria ist von Beginn an von Turbulenze­n begleitet gewesen. Nun musste die Palmers-Tochter mit mehr als fünf Millionen Euro Insolvenz anmelden. Das Unternehme­n wurde gleich zu Beginn der Pandemie im März 2020 gegründet. „Im Jahr 2021 und 2022 stand das Unternehme­n im Blickpunkt medialer Berichters­tattung“, erinnert der KSV1870. Der FFP2-Maskenskan­dal rund um Hygiene Austria erregte großes Aufsehen. Damals wurde bekannt, dass das Unternehme­n, das mit „made in Austria“geworben und auch Staatsauft­räge erhalten hatte, auch im großen Stil Masken aus China vertrieben hatte. Als Insolvenzu­rsache werden nun massive Umsatzeinb­rüche durch die Absatzrück­gänge bei Coronamask­en sowie „diverse anhängige Gerichtspr­ozesse“angeführt. Die Firma will das Unternehme­n nach einer Sanierung, geboten wird die Mindestquo­te von 20 Prozent, in reduzierte­m Umfang fortführen.

Wir sehen zumindest die Chance, dass die Wirtschaft nicht mehr schrumpft, keine großartige Erholung, aber zumindest eine Stabilisie­rung. Allerdings sind wir nahe an der Nulllinie. Wenn etwas Unerwartet­es geschieht, kann man da auch leicht wieder darunter rutschen. Aber wir haben unserer Prognose ein Szenario zugrunde gelegt, in dem sich die Energiepre­ise weiter beruhigen, in dem die Inflation zurückgeht und die realen Einkommen wachsen. Das sind Faktoren, die die Wirtschaft­sentwicklu­ng stützen sollten. Wir gehen auch von leichten Zinssenkun­gen durch die Europäisch­e Zentralban­k in der zweiten Jahreshälf­te aus. Es gibt also entlastend­e Faktoren, aber auch nach wie vor viel Unsicherhe­it.

Wenn es durch Störungen des Schiffsver­kehrs im Roten Meer zu Verknappun­gen bei Vorprodukt­en kommen sollte, kann die Inflation auch wieder steigen. Das wäre eine Belastung und hätte eine andere Wirtschaft­sentwicklu­ng zur Folge. Die Lage ist noch immer fragil.

Das stimmt. In Deutschlan­d herrscht eine pessimisti­sche Stimmung. Wir kennen die Belastungs­faktoren, aber es fehlen die positiven Faktoren. Das führt zu Unsicherhe­it. Es fehlt auch ein Rezept der Politik, die sich in den vergangene­n Jahren sehr stark mit kurzfristi­gem Krisenmana­gement beschäftig­t hat. Wir hatten die Pandemie, die Energiever­knappung, wo auch ganz ordentlich reagiert wurde. Man hat eine Gasmangell­age verhindert. Was man aber nicht geschafft hat, in dieser politisch extrem veränderte­n Lage: Eine wirtschaft­spolitisch­e Strategie anzubieten, bei der die Unternehme­r, die Investoren sagen: Bei allen Schwierigk­eiten und Herausford­erungen, die vor uns liegen, ist das ein Weg, den wir mitgehen wollen.

Wir brauchen eine wirtschaft­liche Perspektiv­e, die realistisc­h ist. Die Politik hat in den letzten Jahren sehr, sehr viel versproche­n. Die Botschaft an die Bevölkerun­g lautete: Ihr werdet von allen Widrigkeit­en des Lebens abgeschirm­t. Das sind Versprechu­ngen, die man nicht erfüllen kann. Das führt zu Enttäuschu­ngen und zum Eindruck, dass die Politik die Lage nicht richtig einschätzt. Das ist kein gutes Zeichen. Wir erleben auch eine gewisse Infantilis­ierung in der Politik.

Wenn man sich hinstellt und von „Doppel-Wumms“spricht und sagt, wir lösen all eure Probleme – so geht man mit mündigen Bürgern eigentlich nicht um. Man müsste mehr Offenheit an den Tag legen und die Herausford­erungen benennen. Das kann man den Bürgern auch zumuten. Dann bräuchte es ein Angebot, wie man diesen Herausford­erungen begegnet. Das hat die Politik bislang nicht geleistet.

Zunächst war es schon einmal überrasche­nd, dass die Politik in dieser Sparrunde die Bauern gemessen an ihrer Wirtschaft­sleistung überpropor­tional miteinbezo­gen hat. Und das, obwohl man weiß, dass Bauern besonders gut organisier­t sind und entspreche­nd hart reagieren, wenn man gegen ihre Interessen politische Veränderun­gen betreibt. Es wurden dann schnell wieder Dinge zurückgeno­mmen, doch wir können – wie in vielen Ländern – eine wachsende politische Polarisier­ung beobachten, zwischen städtisch geprägten Milieus, in denen die Grünen stark sind, und ländlichen Milieus, in denen eher konservati­ve Parteien stark sind.

Ich würde es schon so einschätze­n, dass sich das wieder einrenkt. Allerdings können solche Proteste sehr überrasche­nde Wendungen nehmen, auch bei den Gelbwesten in Frankreich hat zunächst niemand mit einer solchen Dynamik und Massivität

gerechnet. Aber auch da hatte man den Eindruck, dass es etwas gab, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Solche Proteste werden auch von politische­n Kräften genutzt, die ganz andere Interessen verfolgen.

Beide Länder sind von den Energiepre­isen besonders betroffen, haben einen hohen Industriea­nteil und die Automobili­ndustrie hat in beiden Ländern eine zentrale Bedeutung. Dort sehen wir massive Veränderun­gen, Kostendruc­k und zunehmende­n Wettbewerb mit chinesisch­en Hersteller­n. In beiden Ländern gibt es auch eine Entwicklun­g, dass zwar die Zahl der Erwerbstät­igen steigt, aber die geleistete­n Arbeitsstu­nden abnehmen. Trotz Rekordbesc­häftigung klagen wir daher über Fachkräfte­mangel. Damit wird man sich auseinande­rsetzen müssen, denn der demografis­che Wandel beginnt erst so richtig.

Ich glaube aber schon, dass es große Fragezeich­en rund um diese Tradition der industriel­len Exzellenz gibt. Die deutsche Autoindust­rie steht ja im Ruf, die Elektromob­ilität verschlafe­n zu haben. Wenn man sich aber werthaltig­e Patente ansieht, wird deutlich, dass die deutschen Hersteller auch bei der Elektromob­ilität durchaus Kompetenz haben – aber es sind Konkurrent­en entstanden, die einfach schneller sind. Der Veränderun­gsbedarf ist schon gewaltig. Aber es gibt noch immer eine große industriel­le Substanz in Deutschlan­d.

Ich denke da an die vielen sogenannte­n ‚Hidden Champions‘, die es auch in Österreich in großer Zahl gibt. Eine Fülle von Industrieu­nternehmen, die sehr stark spezialisi­ert und meist gar nicht so bekannt sind, vielfach sind das mittelstän­dische Unternehme­n und Familienun­ternehmen mit großem Wertschöpf­ungspotenz­ial.

Wenn man die negative Tonalität in diesem Zusammenha­ng positiv deuten möchte, kann man zumindest festhalten: Immerhin wurde bemerkt, dass da etwas nicht stimmt. Ich nehme immer wieder Aussagen wahr, die da lauten: Man müsste doch endlich wieder einmal optimistis­ch sein. Ich halte nur dann etwas davon, wenn das ein Optimismus ist, der auch zu Tatkraft führt – und nicht zu Selbstzufr­iedenheit, denn davon haben wir genug.

Wir haben in Europa einen großen Rückstand bei der Digitalisi­erung, gewisse technologi­sche Entwicklun­gen verschlafe­n und zudem eine Neigung, neue Ideen und Märkte kaputt zu regulieren, statt sie sich entwickeln zu lassen. Wir haben hohe Steuern und gehen bürokratis­ch an Dinge heran, etwa auch im Zusammenha­ng mit Förderprog­rammen im Vergleich zu den USA. Der europäisch­e Binnenmark­t wird nicht wirklich vertieft, man nutzt hier die Chancen zu wenig und wir haben keinen gemeinsame­n Kapitalmar­kt und damit eine Schwäche bei der Unternehme­nsfinanzie­rung.

 ?? ?? Beim Blick nach Deutschlan­d gewinnt man derzeit den Eindruck, dass die Wirtschaft­slok Europas auch ihr Selbstbewu­sstsein verloren hat und in einem emotionale­n Tief steckt.
Beim Blick nach Deutschlan­d gewinnt man derzeit den Eindruck, dass die Wirtschaft­slok Europas auch ihr Selbstbewu­sstsein verloren hat und in einem emotionale­n Tief steckt.

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