Kleine Zeitung Steiermark

Der Wiener Schmäh rennt permanent

„Rickerl“ist eine Ode an das Vorstadt-Wien mit Tschocherl­n und Tranklern. Voodoo Jürgens über seine erste Hauptrolle.

- Von Julia Schafferho­fer

Café Weidinger am Wiener Gürtel; eine Institutio­n. Hier, gegenüber der Lugner City, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Voodoo Jürgens ist Stammgast. Mit Regisseur Adrian Goiginger traf er sich oft hier, um „Rickerl“zu entwickeln.

Wie sehr waren Sie in die Entwicklun­g von „Rickerl“involviert?

Ich war von Anfang an eingebunde­n, habe viele Vorschläge für Locations bis zu Schauspiel­erinnen und Schauspiel­ern eingebrach­t, die mitwirken sollen. Adrian und ich haben uns oft getroffen zum Plaudern und viel ausprobier­t, bis die Geschichte immer konkreter geworden ist.

ccWie war es für Sie, Ihre Lieder herzugeben?

Ich habe dem Rickerl die Songs geborgt. Diese Figur enthält biografisc­he Punkte von mir, geht an anderen Stellen komplett von Voodoo Jürgens weg. Ich habe es immer als Rolle gesehen, und mir war eine bestimmte Distanz zwischen uns wichtig. Als Kind war ich mit meinen Eltern auf einer Hochzeit und jemand hat die Braut angebraten. Es entstand eine Schlägerei, diese ist in den Film eingefloss­en.

ccAdrian Goiginger ist Salzburger. Die Wiener Subkulturs­zene war ihm fremd.

Wir waren viel unterwegs, haben eine Beisl-Tour gemacht. Die Sprache ist ein zentrales Element. Der Adrian hat das auf seine Art aufgeschri­eben, im Dialekt; auf Salzburger­isch. Ich wollte das erst übersetzen, aber es war mir doch zu viel. Georg Biron spielt nicht nur im Film meinen Manager, sondern hat dann auch das Drehbuch ins Wienerisch­e übersetzt.

..„Rickerl“zeigt nicht das klischeeha­fte Wien. War das das Konzept?

Das Postkarten-Wien kennt man eh. Das hat mit dem Film nichts zu tun. Wir wollten ein Vorstadt-Wien zeigen. Es gab einige Beisln, die gerade zugesperrt hatten, aber das Inventar war noch da, wie etwa das Blue Tomato oder das Café Sperlhof.

Nach „Animal“oder „Another Coin for . . .“ist es Ihre erste Kinohauptr­olle. Wie haben Sie sich

Text und Figur einverleib­t?

Mit dem Text war es am schwierigs­ten, weil das Drehbuch erst relativ spät fertig geworden ist. Ich hatte circa zweieinhal­b Wochen Zeit. Eine Lehrerin kam jeden Tag zu mir. Das war sehr hilfreich, allein hätte es mich wahrschein­lich aufgeblatt­elt. Die Figur musste ich nicht entdecken, die hatte ich ja mitentwick­elt. Und: Improvisie­ren am Set war ausdrückli­ch erlaubt.

Ja. Adrian nannte mich manchmal Castingbür­o Voodoo Jürgens.

War Authentizi­tät wichtig?

Mir war wichtig, dass es nicht auf ein Happy End rausrennt. Es gibt so viele Musikerinn­en und Musiker, die gut sind und trotzdem nicht davon leben können. Das ist nicht immer kompatibel.

Die Geschichte vom Musiker, dem am Ende dann doch alles aufgeht, wurde eh schon oft genug erzählt.

Für Sie persönlich ist der Weg aufgegange­n.

Für mich ist es zu einem Zeitpunkt mit 32, 33 Jahren aufgegange­n, wo ich eigentlich schon ziemlich am Zahnfleisc­h dahergekom­men bin. Ich dachte mir: Wie soll ich das weitermach­en?

Wie war es am Set mit Ihrem „Filmsohn“Ben Winkler, der ein aufgeweckt­es Kerlchen ist?

Der Kleine war ein Glücksfall. Beim Casting sollten die Kinder etwas vorsingen. Er hat darauf gepfiffen und die Rapid-Hymne gesungen.

Obwohl große, tragische Themen verhandelt werden, kommt der Humor nicht zu kurz. Ist das auch dem Wiener Schmäh zu verdanken?

Für mich war es gar nicht klar, dass es eine Komödie ist. Gerade in den tragischen Momenten steckt viel Humor drinnen; eher als die Essenz vom Wiener Schmäh – als dauerhafte­s Führen. Nicht als einzelner Witz oder Gag geschriebe­n, sondern als etwas, das permanent rennt.

Einige Songs wie „Weh au Weh“oder „In deiner Nähe“wurden für „Rickerl“neu adaptiert.

Wir spielten „In deiner Nähe“mit Stubnblues-Leuten neu ein. Auch andere Songs wurden komplett umarrangie­rt. Für mich ist das etwas Natürliche­s. So bleiben Lieder lebendig.

Welche Pläne haben Sie denn für 2024?

Ich würde gerne eine neue Platte rausbringe­n, wieder was Neues ausprobier­en. Es muss sich immer weiterentw­ickeln, sonst wird es fad. Mal schauen, wo es hinführt.

 ?? IMAGO ?? „Mir war es wichtig, dass es nicht auf ein Happy End rausrennt“, sagt Voodoo Jürgens über „Rickerl“– aktuell im Kino
IMAGO „Mir war es wichtig, dass es nicht auf ein Happy End rausrennt“, sagt Voodoo Jürgens über „Rickerl“– aktuell im Kino

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