Kleine Zeitung Steiermark

Der blaue Skandal und seine Folgen

Jetzt spricht die Bundespoli­tik über den Finanzskan­dal in der Grazer FPÖ. An den Nebenfront­en stehen Entscheidu­ngen über Anklagen an, aber worum geht es im Kern? Ein Überblick.

- Von Gerald Winter-Pölsler

Seit mehr als zwei 1 Jahren ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen die ehemalige Grazer FPÖSpitze. Worum geht es?

Es geht ums Geld. Genauer: Um die Verwendung von Steuergeld durch die alte Parteispit­ze der Grazer FPÖ. Bei bis zu 1,8 Millionen Euro ist unklar, wofür sie wirklich ausgegeben wurden. Die Buchhaltun­g existiert nicht mehr, eine Vielzahl an Konten und regelmäßig­e Barbehebun­gen von bis zu 50.000 Euro machen die Sache undurchsic­htig. Teile der Gelder flossen auch an FP-nahe Vereine. Für eine Partei, die in der politische­n Erzählung gerne gegen „die Eliten“wettert, die sich alles im Hinterzimm­er richten würden, ist das heikel.

2 der Wie lautet der Vorwurf Ermittler?

Veruntreuu­ng, Betrug und Fördermiss­brauch – das ist der Verdacht. Hauptsächl­ich steht die alte Spitze um den Grazer Ex-Vizebürger­meister Mario

Eustacchio im Fokus. Er war gemeinsam mit Ex-Klubchef Armin Sippel sowie dem ehemaligen Klubdirekt­or bei den meisten Konten zeichnungs­berechtigt.

3Beschuldi­gten? Was sagen die

Sie bekennen sich nicht schuldig – mit einer Ausnahme: Der ehemalige Klubdirekt­or nimmt in einer Selbstanze­ige alle Schuld auf sich und hat bei der Staatsanwa­ltschaft 710.000 Euro als Schadenswi­edergutmac­hung hinterlegt.

4 Ermittler? Glauben ihm die

Nur bedingt. Der von der Staatsanwa­ltschaft bestellte Finanzguta­chter stellt fest, dass „jedenfalls das Mitwirken einer zweiten Person“notwendig war, da „die Abhebungen vom Konto des FPÖ-Gemeindera­tsklubs Graz nur mit zwei Unterschri­ften möglich waren“– also kein Einzeltäte­r. Gutachter-Fazit: „Aufgrund der vorliegend­en Unterlagen muss vermutet werden, dass ein

Großteil der Mittel, die der FPÖ Graz und dem FPÖ-Gemeindera­tsklub Graz zur Verfügung standen, nicht entspreche­nd dem im Parteienge­setz definierte­n Zweck, sondern für private Zwecke verwendet wurde.“

5 Wie reagieren die Beschuldig­ten auf das Gutachten?

Eustacchio lässt die Vorwürfe durch seinen Anwalt Helmut Schmid den Ermittlern gegenüber zurückweis­en: Im Gesetz gäbe es keine enge Definition, wie die Fördermitt­el für Parteien

zu verwenden seien. Schmids Beispiel: Kauft man davon teuren Rotwein und trinkt ihn alleine, wäre das Veruntreuu­ng. Trinkt man den Wein gemeinsam mit politisch interessie­rten Menschen, trinkt man als Politiker. Da könne man diskutiere­n, ob das moralisch ok sei, mit Strafrecht habe das aber nichts zu tun.

6 nur Betrifft der Skandal Graz oder zieht er weitere Kreise?

Die Ermittlung­en haben sich bislang auf die Grazer FPÖ konzentrie­rt, seit November

führt die Staatsanwa­ltschaft aber auch unbekannte Verantwort­liche der steirische­n FPÖ als Beschuldig­te wegen Veruntreuu­ng. Ex-Minister Mario Kunasek, der heuer die steirische Wahl zu schlagen hat, wird im Hauptverfa­hren ebenfalls als Beschuldig­ter geführt – aber nicht wegen Betrugs, sondern wegen Beweismitt­elunterdrü­ckung. Ein Vorwurf, den er stets zurückgewi­esen hat.

7 FPÖ-Chef Betrifft die Causa Herbert Kickl?

Bisher nur indirekt. Im anhebenden Nationalra­tswahlkamp­f versuchen andere Parteien, den Grazer Skandal mit Kickl zu verknüpfen. Direkt involviert war er nur, als er mit Claudia Schönbache­r die kurzzeitig­e Grazer FPÖ-Chefin und Stadträtin aus der Partei ausgeschlo­ssen hat. Schönbache­r ist weiter Stadträtin, jetzt aber für die FPÖ-Abspaltung KFG.

8 Ermittlung­en Was ergeben die zum privaten Hausbau von Kunasek?

Laut anonymer Anzeigen soll Kunasek Leistungen für seinen privaten Hausbau über die Partei abgerechne­t haben. Der steirische FP-Chef hat dem stets widersproc­hen, den Ermittlern alles offengeleg­t. Der Vorhabensb­ericht zu der Causa liegt nun bei der Oberstaats­anwaltscha­ft Graz, die nun über Anklage oder Einstellun­g entscheide­t.

9 Nebenfront­en Welche weiteren gibt es?

Zwei. Einmal geht es um Gelder an den Freiheitli­chen Akademiker­verband und den Vorwurf, das Parteispen­dengesetz umgangen zu haben; beim zweiten geht es um Schwarzgel­dzahlungen in bar an einen ehemaligen FPÖ-Mitarbeite­r. Auch da liegen die Vorhabensb­erichte vor.

10. FPÖ-Verfahren Kommt es im am Ende zu Anklagen?

Das lässt sich noch nicht abschätzen. Durch das Hinzuziehe­n eines zweiten Staatsanwa­lts im Spätherbst 2023 wurden die Ermittlung­en jedenfalls beschleuni­gt. Im Hauptverfa­hren wartet alles auf das ergänzende Finanzguta­chten, im Vorjahr wurden weitere Konten geöffnet, die ausgewerte­t werden.

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 ?? JÜRGEN FUCHS ?? Mario Eustacchio, ExVizebürg­ermeister in Graz, im Jahr 2019 mit FPÖ-Steiermark-Chef Mario Kunasek und Bundeschef Herbert Kickl
JÜRGEN FUCHS Mario Eustacchio, ExVizebürg­ermeister in Graz, im Jahr 2019 mit FPÖ-Steiermark-Chef Mario Kunasek und Bundeschef Herbert Kickl

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