Großevents setzen auf öffentlichen Verkehr
Der Kulm zeigt es vor: Mit eigener Haltestelle und Verstärkerzügen will man Skiflugfans bei der WM zum Umstieg auf die Bahn locken.
Großevents stehen in Zeiten der Klimakrise stark in der Kritik. Zum entscheidenden Faktor wird dabei die Anreise, zählt der Individualverkehr doch zu den größten Co2-Verursachern. Dementsprechend groß ist die Freude in Bad Mitterndorf: Für die bis Sonntag stattfindende SkiflugWM wurde die Haltestelle nahe der Schanze revitalisiert und wird mit verstärkten Verbindungen angefahren. „Darum haben wir hart gekämpft“, bestätigt OK-Chef Christoph Prüller. Rechnet man doch mit Besucherzahlen von bis zu 50.000 Personen: „Ohne eine funktionierende Zugverbindung schaffen wir diese Kapazitäten nicht.“
Lange Zeit war die Zugverbindung zu Kulm-Veranstaltungen aber „eine heikle Geschichte“, weiß ÖBB-Regionalmanager für die Steiermark, Peter Wallis. Es fehlte ein beschrankter Bahnübergang, „die Gefahr, dass Fans sich dort verletzen, war groß“. Auf eine Durchfahrt wurde in den letzten Jahren sogar völlig verzichtet. Seit Herbst gibt es nun einen mit Schranken gesicherter Übergang und damit Bahn frei für mehr Verbindungen. Aus beiden Richtungen wird die Haltestelle „Skiflugschanze Kulm“– von dort ist man in 300 Metern am Gelände – zur WM täglich 112-mal angefahren, 32 zusätzliche Verbindungen sind es vom Bahnhof Stainach-Irdning.
Der Weg zum fertigen EventFahrplan ist aber komplex: „Von der Idee des Veranstalters bis zur Umsetzung vergehen meist zwölf Monate“, erklärt Wallis. „Da geht es nicht nur um die Fahrzeiten, sondern auch um die Organisation der Fahrzeuge, des Zugpersonals, der Security-Mitarbeiter bis hin zu den Reinigungskräften.“Für die WM wurden 25 bis 30 zusätzliche Personen engagiert, die meisten entfallen auf das Security-Personal. Und nicht nur das: „Wir führen an den Strecken ständig Instandhaltungsarbeiten durch. Etwaige Änderungen müssen wir sehr früh wissen, damit keine Bauarbeiten stattfinden“, ergänzt Walter Weissenberger, zuständig für die Fahrplanerstellung.
Das Material der Wahl sind SBahn-Garnituren, wie man sie aus dem Regionalverkehr kennt: „Sie eignen sich am besten, weil sie sechs Türen haben und einen schnellen Fahrgastwechsel erlauben.“Diese Züge kommen aus dem Reserve-Fuhrpark und werden bei Bedarf auch aus anderen Bundesländern angefordert. Ausschlaggebend für das Angebot ist aber auch die Infrastruktur vor Ort. Die Strecke in das steirische Salzkammergut ist nur eingleisig. Das „zweigleisige“Murtal bedeutet zum Beispiel für die Airpower täglich 104 zusätzli
che Verbindungen zwische Bruck/Mur und Zeltweg.
Apropos Airpower: 2022 gab es im Nachhinein große Kritik an überfüllten Zügen und Bahnsteigen. Wallis will klar abgrenzen: „Man kann den Personenverkehr nicht verantwortlich machen, dass es zu einem Stau gekommen ist. Es ist der Job des Veranstalters, für dementsprechende Regelungen zu sorgen.“Man sei aber bereits in Gesprächen mit dem Bundesheer, um das Konzept für die Flugschau 2024 (6. und 7. September) neu aufzustellen. Gleichzeitig nimmt er auch die Besucher in die Verantwortung: „Wenn innerhalb einer Stunde 100.000 Menschen das Gelände verlassen und in einem Zug zwischen 500 und 1000 Personen Platz haben, dauert das einfach.“
Generell seien die ÖBB gerne bereit, Großevents zu unterstützen. Die Initiative dazu müsse aber von den Veranstaltern ausgehen: „Eigenwirtschaftlich können wir nicht fahren, das muss bestellt und auch bezahlt werden.“Deshalb gibt es bei den beiden Nachtrennen in Schladming momentan keine Sonderzüge. „Schladming ist durch den Regelverkehr auf der Ennstalstrecke aber ohnehin gut angebunden“, führt Wallis aus. Das zeigt auch eine Auswertung von Mobilfunkdaten: 43 Prozent der Tagesgäste und Übernachtungsgäste reisten demnach zum Nachtslalom 2023 mit der Bahn an.