Kleine Zeitung Steiermark

Todesdrohu­ng nach dem Fischen

Der Angeklagte kann sich nicht erinnern und ist sehr müde. Und dann fehlt auch noch ein Zeuge.

- Von Alfred Lobnik

Solche Akten liebt man“, sagt Richterin Michaela Lapanje. Das kann nicht ernst gemeint sein, denn es ist etwas zäh und die Verhandlun­g am Landesgeri­cht Graz steht von Anfang an auf der Kippe. Der Angeklagte (30) ist süchtig und derzeit in einem Substituti­onsprogram­m, die Medikament­e machen ihn unkonzentr­iert und schläfrig.

„Wir versuchen es“, entscheide­t die Richterin. Neben Suchtgiftd­elikten hat der Angeklagte eine gefährlich­e Drohung (Strafdrohu­ng: ein Jahr Haft) zu verantwort­en: Nach dem Abfischen eines Teiches kam er in Begleitung eines Freundes wieder und wurde vom Teichwirt aufgeforde­rt zu gehen, weil das Fischen aus war.

Da fielen die Worte: „Reg dich nicht auf! Sonst gibt‘s a Wasserleic­h,

i hab a Messer auch da!“„Zur gefährlich­en Drohung – kann ich mich nicht erinnern“, sagt er nach langem Fischen nach Erinnerung und den richtigen Worten. „Also kann ich mich nicht schuldig fühlen.“Der bedrohte Teichwirt muss auch passen: „Ich weiß nicht genau, ob er es war.“Lange blaue Haare? „Kann ich nicht sagen.“

„Das war‘s schon“, sagt die Richterin. – „Ich bin jetzt zum fünften Mal da wegen dem Schmarren“, schimpft der Zeuge. „Ich will nur meine Ruhe!“– „Ich weiß“, fühlt sie mit ihm,

„es macht mir auch großes Vergnügen, das zu verhandeln.“

Etwas mehr Klarheit bringt der Freund des Angeklagte­n: „Ich hab schon eine Verurteilu­ng wegen falscher Zeugenauss­age. Also: Ich war mit ihm dort, ja.“Aber war der Angeklagte im Drogenraus­ch? „Jo, also, i hob nix g‘merkt. Ich nehme es an. Ich weiß es nicht.“

Der Angeklagte ist jetzt richtig müde. Da trifft sich gut, dass ein Zeuge nicht erschienen ist: Vertagung.

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