Grazer erzählen die Geschichte ihrer Stadt
In dem Buch „Biografie (m)einer Straße“erzählen Bewohner die Historie der Stadt anhand ihrer Straßen und Gassen.
Wer in die Urania kommt, will mit großer Wahrscheinlichkeit etwas Neues lernen. 18.000 Menschen besuchen jährlich einen oder mehrere Kurse in der Bildungseinrichtung am Grazer Hauptplatz. „Mit diesem Projekt kam uns die Idee, den Lehr- und Lernprozess einmal umzudrehen und die Menschen ihr Wissen mit uns teilen zu lassen“, erklärt Wolfgang Moser, Direktor der Urania, die Entstehung des Buches „Biografie (m)einer Straße“.
Dreizehn Plätze, Straßen oder Gassen der steirischen Landeshauptstadt werden darin anhand von Erzählungen ihrer ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner vorgestellt. Neben historischen Hintergründen werden vor allem persönliche Einblicke in die Geschichte der Orte durch Interviews und Anekdoten der dort lebenden Menschen geboten. Initiiert wurde das generationenübergreifende Mitmachprojekt vom Familienforscher Heinrich Klingenberg, Herausgeber des Buches, dessen Idee es war, die Biografien der Menschen mit ihren Wohnorten zu verknüpfen. „Ich hatte vielleicht mit fünf oder sechs Interessierten gerechnet. Am Ende waren es mehr als doppelt so viele“, freut sich Klingenberg.
„Auch als lebenslanger Grazer habe ich hier viel gelernt“, sagt Verleger Paul Klingenberg, Neffe des Initiators, „hier wird sowohl über die gute als auch über die dunkle Seite der lokalen Geschichte
reflektiert.“„Uns war es wichtig, den Autorinnen und Autoren keine inhaltlichen Vorgaben zu machen“, sagt Heinrich Klingenberg. Mit dem Ergebnis, dass so manche unerwartete Besonderheit der Straßen und Gassen erzählt werden konnte. So stellte sich beispielsweise heraus, dass in der TheodorStorm-Straße kaum ein Hausschild dem anderen gleicht, da fast jedes eine eigene Schreibweise des Straßennamens aufweist.
Inzwischen ist das
Buch seit seiner Erstveröffentlichung im vergangenen Herbst in zweiter Auflage im Handel erhältlich. „Diesmal gibt es einiges an Zusatzmaterial“, betont Edgar Sterbenz, Autor des Kapitels über die Kaiserfeldgasse. In acht Videos können die Straßen und Plätze nun auch via YouTube besichtigt werden. Bisher waren die Inhalte des Buches auch als Ausstellung in der Urania zu sehen, die demnächst ins Graz Museum, Grazer Stadtarchiv und in die Topothek übersiedelt. Helena Pichler