Der geheime Tango der Mangroven
Wer eine Reise tut, der kann etwas erzählen – und mitunter wundervolle Bilder mit nach Hause nehmen: Die Italienerin Barbara Dall’Angelo war auf der Insel Sumba in Indonesien unterwegs und hatte einen guten Blick für die lyrische Schönheit der Natur vor Ort: Im Rahmen des hochkarätigen Wettbewerbs „Travel Photographer of the Year“(www.tpoty.com), der zum 21. Mal stattfand, brachte ihr dieses gemäldegleiche Reisefoto eine spezielle Nominierung ein.
Zu sehen sind Mangroven, die – anders als die allermeisten in riesigen Gruppen vorkommenden Exemplare – sehr isoliert gewachsen sind: Die Vertreter auf Sumba haben sich an schwierigste Bedingungen angepasst, das Wetter ließ sie erstaunliche Choreografien einnehmen. Auf eine gewisse Art scheinen diese Mangroven miteinander zu interagieren und der harschen Umgebung zum Trotz ein stilles Tänzchen zu wagen – so, als ob niemand zuschauen würde. Natur, stets gut für Wunder.
Mangroven sind salztolerante, immergrüne Baum- und Straucharten an tropischen und subtropischen Küstenstrichen und Flussmündungen. Eigentlich sind sie eine Pflanzengesellschaft, die weltweit rund 70 verschiedene Baum- und Straucharten umfasst – ein Wald zwischen Land und Meer. Dabei leisten sie als Hochspezialisierte wahrlich Erstaunliches: Mangrovenwälder bilden eines der ressourcenund artenreichsten Ökosysteme der Erde und können – selbst extrem genügsam – drei- bis fünfmal so viel an CO2 speichern wie ihre Verwandten an Land. N och, denn: Über ein Drittel der weltweiten Bestände wurden allein zwischen 1980 und 2000 zerstört. Mangrovenbestände laborieren am Homo sapiens: Sie werden gerodet, müssen für Aquakultur (Garnelenzucht), Landwirtschaft (Reis, Soja und Palmöl) und Infrastruktur weichen. Man betrachte den geheimen Tango eines wahren Überlebenskünstlers umso mehr mit Staunen.
Thomas Golser