Genderdebatte: „Wir haben wichtigere Probleme“
Trotz divergierender Meinungen zum Thema Gendern meinen unsere Leser, dass sich die Politik mit bedeutsameren Fragen beschäftigen sollte.
„Der Kanzler und der Genderstern“, 24. 1.
Dem Herrn Bundeskanzler sei ins Stammbuch ge- schrieben: Gendern ist kein Thema, mit dem politi- sches Kleingeld gemacht wer- den soll. Konzentrieren Sie sich, Herr Bundeskanzler, auf jene Themen, die der Bevölkerung heute unter den Nägeln bren- nen. Auch Frau Ministerin Ge- wessler möchte ich ins Stamm- buch schreiben: Es geht hier nicht um Doppelpunkte, Sterne oder andere Satzzeichen, die je- manden stören könnten, son- dern um die Lesbarkeit von Tex- ten, die durch das Gendern mit- unter verloren geht.
Ob es nötig ist, gegenderte (welch furchtbares Wort) Schreibweisen im Duden zu ver- ankern, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich würde vorschla- gen, dass gleiche Leistung mit gleichem Lohn abgegolten wird, dass mehr Kinderbetreuungs- stätten zur Verfügung gestellt werden, dass Frauen nicht in Al- tersarmut abgleiten müssen. Da gäbe es noch viele Punkte, die anzuführen wären. Die Politik ist gefordert, end- lich in diesen Fragen aktiv zu werden, ich kann hier noch kei- ne wesentlichen Fortschritte er- kennen. Mag. Bernhard Kaps,
Graz
Wichtigere Probleme
Der Bundeskanzler ist dafür, die „Gendersprache“abzuschaffen, um die Leseverständlichkeit des Textes zu verbessern. Recht hat er, und Schluss der Debatte! Denn wir haben wichtigere Pro- bleme. Dass das Thema aber eine Empörungswelle in den Medien auslöst, kann man als normaler Mensch nicht mehr nachvollziehen. Günter Braun, Wien
Rückschrittliche Politik
Karl Nehammer weiß genau, dass in der österreichischen Ver- waltung mehr als eine Bezeichnung für Gender gilt und er das nicht abschaffen kann! Weil er mit seiner jüngsten Ansage nur strategische und rückwärtsge- wandte Klientelpolitik betreibt, tue ich ihm nicht den Gefallen, reflexartig auf die Richtigkeit und Wichtigkeit von Kommuni- kation hinzuweisen, die nicht heteronormativ, sondern so un- terschiedlich ist wie die Reali- tät. Keine Bühne dem Gegenei- nander! René Piwerka,
Frohnleiten
Gendern in alten Zeiten
Viele halten Schreibungen wie „SchülerInnen“für eine moderne Erfindung. Dabei war man frü- her schon viel fortschrittlicher. Zum Teil bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde an weibli- che Familiennamen die Endung „-in“angehängt.
Wenn der Mann etwa Müller hieß, nannte sich seine Frau „Müllerin“. In der Mundart sagt man ja heute noch so. Auch an- dere Sprachen kennen diese Un- terscheidung.
Gerfried Schmidt, Wies
Energetisch wertlos?
„Skepsis vor Fleisch aus dem Labor“, 24. 1.
Grundsätzlich essen der Mensch und auch die Tiere Sonnenlicht – Energie, die nur durch Pflanzen in eine für uns aufnehmbare Form umgewandelt wird. Je humoser und biologisch aktiver der Boden ist, umso mehr Sonnenenergie kann die Pflanze aufnehmen und für uns speichern. In weiterer Folge gilt das auch für die Tiere. Produkte von Tieren, die ohne Sonnenlicht aufwachsen (müssen), sind energetisch für die Ernährung wertlos. Dasselbe gilt auch für industriell verarbeitete Produkte, die die Veganer jetzt „glücklich“machen.
Mit dem Laborfleisch entfernen sich die Menschen noch weiter von einer hochwertigen Ernährung. Es genügt nicht, dem Magen Faserstrukturen zuzuführen, diese sollten auch energetisch und geschmacklich gehaltvoll sein. Dieses Geschmacksempfinden ist den Menschen verloren gegangen.
Die derzeit geführte Diskussion zur landwirtschaftlichen Fleischproduktion ist auf verschiedenen Ebenen zu führen.
Eine kleinbäuerliche, nachhalti- ge Landwirtschaft trägt zur ge- sicherten regionalen Ernäh- rungssicherheit bei! Auch eine ökologische Landschaftsgestal- tung gehört dazu. Mit der Pro- duktion von Laborfleisch geht das verloren und wir sind der industriellen Erzeugung ausgelie- fert.
Es liegt an der Entscheidung der Bevölkerung, ob dieser Weg eingeschlagen werden soll.
Wolfgang Raschky, Bruck/Mur
Fortschritt geht zu rasch
Die Skepsis ist gerechtfertigt. Der sogenannte „Fortschritt“geht viel zu rasch. Es gibt in dieser soziokulturellen Evolution keine bewährten Instanzen, welche eventuelle Fehlentwick- lungen gleichsam selbstorgani- satorisch korrigieren.
Im menschlichen Körper gibt es Abwehrzellen und auch eine kleine Wunde heilt deshalb von selbst. Wir erleben heute eine noch nie dagewesene Umwelt- krise, ebenfalls aus der Unvor- hersehbarkeit von unkalkulier- baren Nebenkonsequenzen.
Der Fehlbarkeit der menschli- chen Erkenntnis kann vor allem durch Vorsicht und Zurückhal- tung begegnet werden, selbst beim Handeln. Auch dies ist eine bewährte Ansicht, die sich etwa in archaischen Kulturen über Jahrtausende bewährte und auf die wir eigentlich mit unge- rechtfertigter Überheblichkeit herabgeblickt haben.
Dr. Johannes Hofer, Kindberg
Reden statt schweigen
„Betroffenheit nach der Entgleisung“, 20. 1.
Ex-Skistar Matthias Mayer ran- dalierte auf einem Empfang am
Hahnenkamm-Wochenende. Kurz darauf heißt es vonseiten des ÖSV, Mayer habe seine „ge- sundheitlichen Probleme noch nicht im Griff“. Man wusste also von diesen. Gesagt hat keiner was. Nicht auszudenken, wie die Öffentlichkeit reagieren würde, wenn herauskommt, dass der Pisten-Star psychisch nicht ge- sund ist? Warum hat man die Fassade vom unzerstörbaren Hochgeschwindigkeitsathleten aufrechterhalten? Wollte man Mayer schützen? Das wäre nicht weit hergebracht. Denn immer noch gilt es als Tabu, wenn ein Sportler, jemand, der für Kraft und Ansehen steht, schwach ist.
Es ist gut, dass immer mehr Prominente zur Gegenbewe- gung aufrufen, sich bei psy- chischen und neurologischen Problemen Hilfe zu suchen, be- ziehungsweise diese anzunehmen. Vielleicht hat Mayer das getan. Geheim gehalten wurde es trotzdem. Und das beweist die These vom Nicht-dazu-Stehen, weil die Konsequenzen unangenehm sein könnten. Jetzt bleibt ein Mensch, der offenbar seit Jahren krank und jetzt „explodiert“ist. Weil psychische Erkrankungen in der Gesellschaft immer noch ein Tabu darstellen.
Was Matthias Mayer jetzt braucht, ist Ruhe. Jemand wie er, dem es als Sportler in der Natur liegt, nach Rückschlägen wieder aufzustehen, wird aus dieser Krise gestärkt zurückkommen. Und dann kann er reden, wenn er will. Ich würde es ihm empfehlen. Denn so würde er auch für all jene ein Vorbild werden, die mit dem Skisport nichts zu tun haben, denen es aber ähnlich geht. Alles Gute!
Philipp Braunegger, Graz