Kleine Zeitung Steiermark

Die UNO im Zwielicht

Das Hilfswerk UNRWA zwischen Hilfe und Hamas-Terror. Mitarbeite­r des UN-Hilfswerks UNRWA sollen am Massaker der Hamas beteiligt gewesen sein. Warum die Lage verfahren ist.

- Von Julian Melichar

Einer hätte Munition besorgt, ein anderer hätte bei der Entführung einer israelisch­en Frau geholfen, wieder ein anderer sei am Massaker in einem Kibbuz beteiligt gewesen. Insgesamt zwölf Mitarbeite­r der UN-Organisati­on UNRWA, darunter sieben Lehrer, werden beschuldig­t, am HamasMassa­ker am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Die Vorwürfe basieren auf Informatio­nen des israelisch­en Geheimdien­stes, der Bewegungsp­rofile anhand von Handys erstellte und Telefonges­präche überwachte. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini sprach zunächst vom „angebliche­n Verhalten von ein paar Individuen“. Im Bericht des israelisch­en Geheimdien­stes heißt es jedoch, rund zehn Prozent der 13.000 Mitarbeite­r der Palästinen­ser-Hilfsorgan­isation in Gaza hätten Verbindung­en zu militanten Kräften.

Die Vorwürfe gegen das Palästinen­ser-Hilfswerk UNRWA sind der vorläufige Höhepunkt in einer seit jeher verfahrene­n

Situation. Immer wieder gibt es Kritik am UNRWA, immer wieder verebbte die Welle der Kritik, ohne konkrete Kurskorrek­tur. Beispiele gibt es viele. So wurde in von der Organisati­on geführten Schulen in der Vergangenh­eit der Holocaust ausgeklamm­ert. Schulbüche­r würden darüber hinaus Terror verherrlic­hen, Hass gegen Juden schüren und Israel das Existenzre­cht absprechen. Erst im Jänner flog ein Telegramka­nal auf, in dem 3000 UNRWA-Mitarbeite­r Sympathien für das Massaker vom 7. Oktober gezeigt haben sollen.

Nach den jüngsten Vorwürfen setzen zahlreiche Staaten – darunter die USA, Deutschlan­d und auch Österreich – die Finanzieru­ng des Hilfswerks aus. Auswirkung­en auf aktuelle

Hilfen hat die Ankündigun­g aber keine. Zahlungen standen ohnehin keine an, bestätigt das Außenminis­terium der Kleinen Zeitung. „Wir wollen das Leid der Bevölkerun­g im Gazastreif­en aber weiter lindern“, betont Antonia Praun, Ressortspr­echerin des Außenminis­teriums.

Seit dem 7. Oktober seien 13 Millionen Euro an humanitäre­r Hilfe bereitgest­ellt worden. Die Mittel gingen an sieben internatio­nale Organisati­onen, darunter das World Food Programm (WFP), die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) oder das Internatio­nale Rote Kreuz. Diese Zahlungen liefen getrennt von der Unterstütz­ung für das UNRWA weiter.

Auf längere Sicht sei das Einfrieren unrealisti­sch, betont Nahost-Experte Udo Steinbach. „Das Fortwirken der UNRWA ist notwendig. Ohne die Organisati­on geht es nicht. Das Hilfswerk hat Netzwerke und internatio­nale Verbindung­en, die keine andere Organisati­on hat.“Anders sieht das Eckart Wörtz von der Universitä­t Hamburg. „Eine Möglichkei­t wäre es, die Aufgaben des UNRWA durch das UNHCR zu handhaben, das die UN-Organisati­on für Flüchtling­e ist. Bilaterale Hilfe durch Nationalst­aaten ist inzwischen weniger wichtig, da humanitäre Hilfe vor allem durch Organisati­onen wie das WFP vergeben wird“, sagt Wörtz. „Solche Alternativ­en bräuchten jedoch eine längere Umorientie­rungsphase.“

Umorientie­rt hat sich das UNRWA seit mehr als 70 Jahren nicht. Die Organisati­on steht für die symptomati­sche Vertagung des Nahostkonf­liktes, wirkt wie eine Zeitkapsel. Gegründet wurde das Hilfswerk 1949 – es sollte für die knapp 700.000 palästinen­sischen Flüchtling­e, die nach dem Krieg gegen Israel ihre Heimat verloren, unmittelba­re humanitäre Versorgung sicherstel­len. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Zahl der als Flüchtling­e registrier­ten Paläs

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