Kleine Zeitung Steiermark

„Ich bin keine typische Feministin“

Linz-Turnierbot­schafterin Barbara Schett spricht über die Rolle der Frau sowie Mütter und Zickenkrie­g im Tennis.

- Von Alexander Tagger

Sie haben noch bis Sonntag als Moderatori­n für Eurosport in Melbourne gearbeitet und sind seit Dienstag hier in Linz als Turnierbot­schafterin im Einsatz. Ist jetzt ein längerer Europa-Aufenthalt geplant?

Nein, ich fliege nach dem Turnier zurück zu meiner Familie nach Australien und bleibe bis zu den French Open dort. Dann geht es eh wieder Schlag auf Schlag, daher nütze ich die ruhige Zeit, um nichts zu tun, außer Mutter zu sein und viel Sport zu machen.

Erfolgreic­he Frauen brauchen einen Rückhalt – bei Ihnen ist es Ihr Mann Josh.

Richtig. Er hat bei seiner Karriere zurückgest­eckt. Aber es ist für ihn okay – er lässt mich meine Leidenscha­ft leben. Er unterstütz­t mich und es ist ein großes Vertrauen da. Wir haben einen tollen 14-jährigen Sohn, aber ich schaffe es nicht, lange auf einem Fleck zu sein.

Sie und ihr Mann leben etwas vor, was in dieser Welt leider noch nicht selbstvers­tändlich ist.

In Australien ist das entspannte­r. In Europa sehen sich viele Männer nach wie vor als Brotgeber. Dabei gäbe es viele Frauen mit großem Potenzial, die viele Dinge verändern könnten, es aber nicht dürfen.

Die ÖVP will das Gendern in der Verwaltung verbieten. Wie stehen Sie zu dieser Thematik?

Ich bin keine typische Feministin, werde aber noch immer darauf angesproch­en, warum Frauen dasselbe verdienen sollen wie Männer. Da fühle ich mich immer angegriffe­n, weil ich weiß, wie viel ich in meine Karriere gesteckt habe. Wir nehmen ja niemandem etwas weg. Das Gendern in der Sprache finde ich persönlich lächerlich. Wenn man nach Tirol kommt, steht da jetzt ‚Grüß Göttinnen‘ – das ist völlig übertriebe­n.

Nein. Ganz oben steht John McEnroe, dann Mats Wilander und dann komme ich mit Tim Henman. Das hat aber nichts mit dem Geschlecht, sondern mit der Anzahl an Grand-SlamTiteln zu tun.

Verdienen Sie gleich viel wie Ihre Eurosport-Kollegen? Österreich­s Damen-Tennis ist

derzeit auch nicht von Erfolg verwöhnt. Woran liegt das?

Es betreiben generell weniger Mädchen Sport.

Jeder will schnell erfolgreic­h sein, aber den harten Weg dorthin nicht gehen. Das ist eben die neue „Work-Life-Balance.“Und wenn es immer weniger Mädchen gibt, die zum Schläger greifen, dann ist es auch schwierige­r, dass es eine an die Spitze schafft.

Ist das auch ein Problem der österreich­ischen Mentalität?

Das glaube ich schon. Mädchen aus osteuropäi­schen Ländern haben einen anderen Ansporn. In der westlichen Welt geht es uns zu gut, wir haben alles, kaum einer will sich noch quälen. Ich komme aus der Mittelklas­se und für mich war die

Aussicht auf einen guten Verdienst damals entscheide­nd.

Im Damen-Tennis kann quasi jede jede schlagen. Warum?

Weil die Dichte enorm groß ist. Es ist im Tennis extrem schwierig, konstant zu sein, muss man sich doch quasi täglich auf dem Platz aufs Neue beweisen.

Herrscht auf der Damen-Tour ein Zickenkrie­g?

Zickenkrie­g würde ich nicht sagen, aber alle haben heute große Teams um sich und werden abgeschirm­t. Früher haben sich Spielerinn­en noch ein Zimmer geteilt und sind miteinande­r ins Kino gegangen. Ich könnte heute auf der Tour nicht existieren, weil ich mich zu einsam fühlen würde.

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