Der Professor als Lieferant
Nach 19 Jahren übergab Karl Pailer, Obmann des Vereins „Essen auf Rädern“in Pöllau, das Steuer.
Das Leben hat es im Großen und Ganzen immer gut ge- meint mit dem gebürtigen Pöl- lauer Karl Pailer, weshalb er stets bemüht war, seinen Bei- trag zum Wohl der Gesell- schaft zu leisten. Vielleicht ge- rade deshalb, weil er zumin- dest in seiner Kindheit und Ju- gend nicht auf Watte gebettet war: Der heute 79-Jährige hat früh gelernt, das Ego nicht un- nötig zu streicheln. Für das le- dige Kind einer Taglöhnerin fiel der Realitätscheck nicht immer streichelweich aus. Nach der Gesellenprüfung als Maler und Anstreicher arbeite- te Pailer knapp zwei Jahre lang als Minenarbeiter unter Tag, um danach in Graz die Po- lizeischule zu absolvieren. Sein Mitwirken als Trompeter in der Polizeikapelle spornte ihn an, seine ausgeprägte Lie- be zum Blech zu perfektionie- ren. Also inskribierte er an der Grazer Kunsthochschule.
Nach neun Jahren im Strei- fendienst hing Pailer die Poli- zeiuniform an den Nagel, um sich ganz seiner Leidenschaft, der Musik, zu widmen. Er nahm als Lehrer die Blechbläser-Schüler in der Musikschule Pöllau un- ter seine Fittiche. Seine beruf- liche Karriere beendete er als Direktor der Musikschule Bad Waltersdorf, für deren Gründung er sich starkgemacht hatte. Drei Jahre vor seiner Pensionierung erhielt Pailer 2001 aus den Händen der da- maligen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic die Urkunde zur Verleihung des ehrwürdi- gen Professorentitels.
Wenn Pailer heute mit sei- nem roten VW Golf über die Mittagszeit im Dienst des ka- ritativen Vereins „Essen auf Rädern“durch Pöllau kurvt, um Leuten im vorgerückten Alter das bestellte Mittagsme- nü zuzustellen, ist er für alle „da Koarl“. Es sind Begegnun- gen auf Augenhöhe, die Pailer zu schätzen weiß: „Wenn es oft auch nur ein paar Sätze sind, so freuen sich besonders al- leinstehende Personen, jemandem etwas erzählen zu können.“Eine gewisse Eile täte aber not, so Pailer, da niemand gerne ein erkaltetes Mittagessen bekommen möchte.
Als Obmann des gemeinnützigen Vereins trat Pailer mit Jahresanfang nach 19 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit zurück, seine Mitarbeit blieb aber aufrecht. „Wir sind jetzt 41 Personen, alles Pensionisten und Pensionistinnen, die ohne Entgelt mit eigenem Pkw im Rotationsprinzip diesen bewährten Hilfsdienst am Laufen halten“, berichtet Pailer. „Als Dankeschön lädt uns die Marktgemeinde zu Weihnachten zu einem Essen ein. Und es gibt jedes Jahr einen gemeinsamen Tagesausflug, der von der örtlichen Sparkasse gesponsert wird.“
Der Herr Professor hofft, noch etliche Jährchen sein Auto im Dienst der guten Sache strapazieren zu können. Die Verantwortung der Organisation überlässt er aber lieber seinem bestellten Nachfolger.