Kleine Zeitung Steiermark

Der teure Ausbau der Kinderbetr­euung

Graz gehen binnen fünf Jahren 1400 Plätze in Kindergärt­en verloren. Das Gegensteue­rn erfordert einen Kraftakt – die Politik streitet aber.

- Von Gerald Winter-Pölsler

Die Ausgangsla­ge ist klar: Graz verliert Jahr für Jahr rund 280 Kindergärt­enplätze. Das ist der Landesrefo­rm geschuldet, die die Gruppengrö­ße schrittwei­se von 25 auf 20 Kinder reduziert – eine langjährig­e Forderung der Pädagoginn­en für mehr Qualität.

Im Umkehrschl­uss heißt das: Die Stadt verliert Quantität und muss massiv in neue Kindergart­enplätze investiere­n – tut das aber derzeit nicht. Im Gegenteil: Die Politik streitet seit Monaten über die Höhe des Bildungsbu­dgets. Bildungsst­adtrat Kurt Hohensinne­r (ÖVP) beklagt eine Unterdecku­ng von sechs Millionen Euro, seine ÖVP spricht auf Social Media fälschlich­erweise von „Kürzung“; die KPÖ von Finanzstad­trat Manfred Eber (KPÖ) verweist auf eine Budgetstei­gerung von rund sieben Million Euro – Geld, das aber durch die Teuerung nicht reicht.

Jetzt stellen aber beide Stadträte eines außer Streit: Ja, die Stadt braucht mehr Kindergart­enplätze. Und ein zweites Ja: Die Stadt soll wieder selber neue Kindergärt­en bauen und betreiben. „Das ist strategisc­h sinnvoll“, sagt Hohensinne­r, „aber wir wollen auch, dass die gemeinnütz­igen Träger durch das städtische Tarifsyste­m neue Plätze schaffen.“

Zuletzt machten ja Schließung­en einzelner Kinderbetr­euungseinr­ichtungen Schlagzeil­en, was Finanzstad­trat Eber wurmt. „Eltern und die Stadt müssen sich darauf verlassen können, dass Private im Tarifsyste­m zuverlässi­g agieren – besonders große Träger wie Wiki.“Ihm schweben „längere Kündigungs­fristen“für jene Gruppen vor, die künftig neu ins Tarifsyste­m übernommen werden.

Um den Ausbau insgesamt stemmen zu können, braucht es aber Geld. Die gute Nachricht: Der Bund hilft mit seinem Zukunftsfo­nds. 9,3 Millionen Euro könnte Graz damit zusätzlich in die Kinderbetr­euung stecken. Dieses Geld will Hohensinne­r

verwenden, um die „Unterdecku­ng“im aktuellen Budget auszugleic­hen sowie den Ausbau und die Ausbildung von Personal zu finanziere­n.

Eine fixe Zusage von Eber gibt es noch nicht. Die Zahl stamme vom Städtebund, das Geld fließt aber vom Bund über das Land an die Stadt. Und da fehle die offizielle Zahl noch. Aber: „Für die Koalition ist klar, dass wir ausbauen und dafür Geld in die Hand nehmen müssen.“

Die Zeit drängt. Denn so ein Ausbau von Betreuungs­plätzen geht nicht von jetzt auf gleich. „Vor Kurzem haben die Pädagoginn­en für mehr Gehalt demonstrie­rt. Wenn wir jetzt nicht gegensteue­rn, gehen bald die Eltern auf die Straße, weil Betreuungs­plätze fehlen“, so Hohensinne­r.

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ADOBE STOCK, PAJMAN Mehr Qualität, aber weniger Plätze in Kindergärt­en
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Finanzstad­trat Manfred Eber
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WIN Bildungsst­adtrat Kurt Hohensinne­r

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