Kleine Zeitung Steiermark

„Die Willkommen­skultur für behinderte Kinder fehlt“

Angesichts des Gerichtsur­teils über ein behindert geborenes Kind meinen Leser, dass das Recht diese Minderheit verstärkt schützen müsse.

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D„Diese Logik führt zur Entmenschl­ichung“, 28. 1. ie Willkommen­skultur für jedes Kind fehlt. Zwei- felsohne hat der bewun- dernswerte Franz Joseph Huai- nigg damit recht, dass die Ge- fahr der Entmenschl­ichung eines ungeborene­n Kindes besteht. Zeitgleich hat in den letzten 25 Jahren keine Partei es geschafft, wirklich Schritte ei- ner Kindes-Willkommen­s-Kul- tur gerade für behinderte Kinder zu schaffen.

Nimmt man die ebenfalls er- wähnte „Inklusion“ernst, ist nicht die Frage: „Wo darf mein Kind in die Schule gehen?“, son- dern höchstens: „Was fehlt even- tuell noch für eine gute Schul- laufbahn?“Und schließlic­h die Behinderte­nrechtskon­vention: Diese hat Österreich unterschri­eben, zeitgleich – in der Ära des Ex-SPÖ-Sozialmini­sters Bu- chinger – mit einem Umset- zungsvorbe­halt belegt.

Aus diesen und weiteren Gründen ist es wenig verwun- derlich, dass Eltern lieber testen, testen, testen, bevor sie ein (be- hindertes) Kind auf die Welt bringen. Wenn sie der Rechts- staat darin dann auch noch be- stärkt, ist wenig zu entgegnen – ja, er hilft sogar noch beim Sparen. Mag. Jakob Putz

(vierfacher körper- und sehbehinde­rter Vater), Graz

Unwert-Urteil

Danke an Franz Joseph Huai- nigg für die klaren Worte zum erschrecke­nden Urteil des Obersten Gerichtsho­fs, wonach ein behinderte­s Kind einen „Schadensfa­ll“darstellen soll. Noch nie wurde Inklusion so großgeschr­ieben wie heute und gleichzeit­ig werden Kinder, be- vor sie geboren werden, „besei- tigt“, wenn sie nicht unseren Ansprüchen genügen.

Ich frage mich: Wie geht es den rund eine Million Menschen mit Behinderun­g in Österreich, wenn sie von diesem Unwert-Ur- teil lesen? Hätten auch sie bes- ser nicht geboren werden sollen? Ich möchte in einem Land leben, in dem alle Menschen – auch die unserer Meinung nach „unper- fekten“– frei und gleich an Wür- de und Rechten geboren werden dürfen (Allgemeine Erklärung der Menschenre­chte, Art. 1).

Mag. Petra Plonner, Leoben

Unverständ­nis

Ich fasse dieses Urteil der Staatsanwä­ltin nicht. Der Arzt wird zu Unterhalts­zahlungen und Entschädig­ungszahlun­gen in beträchtli­cher Höhe verur- teilt. Noch weniger verstehe ich die Eltern – sie hätten das Kind abgetriebe­n, hätten sie von der Behinderun­g erfahren! Nur, weil dem Ungeborene­n ein Arm fehlt? Es ist doch ihr Baby, das sie gezeugt haben! Nur weil es heutzutage die Möglichkei­t des Ultraschal­ls gibt, darf man über Leben oder Tod des Ungebore- nen entscheide­n, wenn es nicht perfekt ist?

Was kommt als Nächstes? Da sieht der Arzt im Ultraschal­l, dass es ein Bub wird und bei der Geburt stellt sich heraus, es ist ein Mädchen oder umgekehrt! Und dann sagen die Eltern auch, dieses Geschlecht haben wir nicht gewollt ... Was ist nur aus der Menschheit geworden?

Juliane Perner, Leibnitz

Leben schützen

Vielen Dank für den wohltuende­n Gastkommen­tar von Huainigg. Das Urteil des Obersten Gerichtsho­fs löst auch bei mir großes Befremden aus. Zu realisiere­n, dass man zum Beispiel als rollstuhlf­ahrende Mutter von Rechts wegen jetzt als Schadensfa­ll angesehen werden könnte, gibt mir zu denken.

Meines Wissens ist das Recht doch dazu da, die Minderheit vor der Mehrheit zu schützen – den Schwächere­n vor dem Stärkeren, wenn man so will. Wie Huainigg richtig feststellt, sollte die Aufgabe der Rechtsordn­ung in einem demokratis­chen, liberalen Staat sein, Leben zu schützen, auch dann, wenn es von ‚Idealvorst­ellungen‘ abweicht oder von anderen nicht gewollt ist!

Stephen Hawking – rollstuhlf­ahrender Physiker – meinte zu seinen Lebzeiten: „Das einzige,

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