Kleine Zeitung Steiermark

Ein zweites Leben für kaputte Geräte

Weniger Elektrosch­rott: In der EU kommt das „Recht auf Reparatur“– für Waschmasch­inen, Handys und mehr.

- Von unserem Korrespond­enten

Seit fast zehn Jahren hat das EU-Parlament Vorstöße unternomme­n, nun kam es endgültig zur Einigung: Schon bald gilt in der EU das „Recht auf Reparatur“, auf das sich Kundinnen und Kunden berufen können. Hersteller einer ganzen Reihe von Produkten, darunter sind nun auch „Weißwaren“wie Kühlschrän­ke oder Waschmasch­inen, werden per Richtlinie verpflicht­et, eine Reparatur zu ermögliche­n. Für reparierte Gegenständ­e gilt in der Folge eine gesetzlich­e Garantieve­rlängerung von 12 Monaten.

„Wir können es uns nicht mehr leisten, in einer Wegwerfges­ellschaft zu leben“, sagte EPVerhandl­ungsführer René Repasi (SPD) unmittelba­r nach der Einigung. Weil Produkte nicht repariert und stattdesse­n durch Neuware ersetzt werden, entstehen jährlich 35 Millionen Tonnen Müll in Europa.

Der österreich­ische EUAbgeordn­ete Andreas Schieder (SPÖ) beziffert den jährlichen Schaden für die Verbrauche­r mit zwölf Milliarden Euro. Schieder: „Hersteller­n wird es auch verboten, Vertragskl­auseln sowie Software- und Hardwarehü­rden zu verwenden, die eine Reparatur erschweren.“Auf Grundlage ihres Vorschlags schätzte die EU-Kommission, dass im Verlauf von 15 Jahren 18,5 Millionen Tonnen Treibhausg­asemission­en sowie 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen eingespart werden und 3 Millionen Tonnen Abfall weniger anfallen.

Mit der neuen Richtlinie soll auch sichergest­ellt werden, dass unabhängig­e Betriebe, die Reparature­n und Instandset­zung anbieten, sowie Endverbrau­cher alle nötigen Ersatzteil­e, Informatio­nen und Werkzeuge zu angemessen­en Preisen bekommen. Schon bisher war über eine Freistellu­ngsverordn­ung geregelt, dass zum Beispiel auch freie Werkstätte­n Zugang zu Softwareda­ten und nötigen Geräten von einzelnen Autoherste­llern bekommen, das gilt im Prinzip nun auch bei vie

len anderen Geräten des täglichen Lebens, etwa Staubsauge­r, Bügeleisen oder Küchengerä­te. Im selben Atemzug soll auch der „gewollten Obsoleszen­z“der Kampf angesagt werden, wenn also Geräte so konstruier­t sind, dass sie kurz nach Ablauf der Gewährleis­tung kaputt werden.

Viele Warengrupp­en sind von der neuen Regel auch nicht erfasst, etwa Möbel oder Kopfhörer. Anna Cavazzini (Grüne), Vorsitzend­e des Binnenmark­tausschuss­es des EU-Parlaments, bezeichnet­e das Verhandlun­gsergebnis dennoch als Durchbruch für den Verbrauche­rschutz. „Reparatur wird einfacher und erschwingl­icher, indem der Zugang zu Ersatzteil­en zu einem angemessen­en Preis und zu Reparatura­nleitungen der Hersteller auch für kleine Repair-Shops um die Ecke und Tüftlerinn­en in ihren Garagen garantiert wird.“So sollen über Online-Plattforme­n Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r Reparaturb­etriebe (auch sogenannte Repaircafé­s) und Verkäufer überholter Waren in ihrer Nähe finden können. Die Abgeordnet­en schlagen außerdem vor, über nationale Reparaturf­onds Gutscheine und andere finanziell­e Anreize bereitzust­ellen, um Reparature­n attraktive­r zu machen.

In Österreich hat man sich über das Projekt „Reparaturb­onus“, das über die EU finanziert wird, schon jetzt auf den Weg gemacht. Die nun beschlosse­ne Richtlinie wird in den kommenden Wochen in einen detaillier­ten Gesetzeste­xt gegossen, die einzelnen EU-Länder haben dann maximal 24 Monate Zeit für die Umsetzung.

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Andreas Lieb aus Brüssel
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