A 9-Ausbau: Alternativen auf der Spur
A 9: Grüne trommelten Experten zusammen. Tenor: Um Gemeinden rasch zu entlasten, müsste man Tempolimits absenken.
Ist der Ausbau der A 9 auf drei Spuren im Süden von Graz alternativlos? Wem ist damit geholfen, wem nicht? Was muss noch alles bedacht werden? Sandra Krautwaschl und Grüne trommelten am Freitag fünf Experten in der Orangerie in Graz zu dem Thema zusammen: Martin Fellendorf (TU; Co-Autor der Studie), Werner Prutsch (Grazer Umweltamt), Gerlind Weber (Boku Wien), Karl Steininger (Wegener
Center) und Markus Frewein (Verkehrplus).
Rasche Hilfe für Gemeinden wie Karlsdorf, Werndorf, Feldkirchen oder Gössendorf, wohin sich der Verkehr von der A 9 verlagert hat: Das wäre mit einem besseren Bahn-Takt oder mit mehr Öffis alleine nicht zu schaffen. Dafür braucht es außerdem restriktive Maßnahmen, waren Fellendorf & Co überzeugt. Da „hilft es nicht, die Parkgebühren in Graz weiter zu erhöhen, man müsste Parkplätze in Graz streichen“, meinte Prutsch. Zudem müsste das Tempo auf der Straße reduziert werden: „Tempo 100 auf der Autobahn und Tempo 80 auf den Landesstraßen“, zählte Fellendorf auf. Nicht zu vergessen: „Tempo 30 auf Landesstraßen im Ortsgebiet“, ergänzte Frewein. Und, weiter gedacht: Eine Lkw-Maut auf Landesstraßen würde die „Schleichwege“ebenso entlasten, meinten die Fachleute. Eine moderne Rad-Infrastruktur ebenfalls. Zumal „30 Prozent des Autoverkehrs zwischen den Gemeinden stattfindet“, zeigte
Frewein auf.
Die Verfahren und der Bau der dritten Spuren dauert mindestens acht Jahre. Der runde Tisch befasste sich daher mit mittel- und langfristigen Perspektiven. Ist der Ausbau tatsächlich alternativlos? „Ja, aus rein verkehrlicher Sicht“, wiederholte Fellendorf. Passiere nichts, würden die jährlichen Stau-Stunden auf der Strecke Graz West bis Wildon bis 2040 kräftig steigen: von 138 auf 370 Stunden und mehr. Dabei haben die Studien-Autoren da bereits alle relevanten, neuen Bahnprojekte (Koralm etc.) in ihre Bewertung einbezogen. Fellendorf: „Das Bündeln des Verkehrs auf die Hauptachse macht Sinn.“
Die Studie sei „super gemacht“, lobte Karl Steininger. Der bekannte Klimaökonom frage sich in dem Zusammenhang aber etwas anders: „Wollen wir in Zukunft so leben?“Seine Studien und die Arbeit mit Bürgern deuten in eine andere Richtung.
Da wird „eher der Rückbau von Spuren“gefordert.
Raumordnungsexpertin Gerlind Weber (Boku Wien) pochte darauf, „in Systemen, nicht in Projekten zu denken“. Denn „die Steiermark züchtet einen Wasserkopf im Raum Graz heran“. Man habe die Bürgermeister „frei springen lassen“, das Land hätte nichts koordiniert. In manchen Regionen herrsche Leerstand, dessen zukünftiges Ausmaß man noch gar nicht abschätzen kann. 600 Hektar entlang der A 9 zu verbauen, würde die Probleme nicht lösen. Steininger brachte den „sekundär induzierten Verkehr“ins Spiel, der von keinem Experten einfach zu bewerten sei. Wer weiß schon, wie viele Steirer dank einer flotten Verbindung nach Graz in den Süden ziehen? Wie viele Betriebe sich noch ansiedeln? Der Fachmann schätzte „zehn bis 15 Prozent zusätzlichen Verkehr.“Prutsch pauschal: „Mit der dritten Spur steigen Tausende wieder aufs Auto um.“Dabei müsse man den Auto-Verkehr über die Grazer Stadtgrenze massiv eindämmen, um die Klimaziele ansatzweise zu erreichen.
Das Geheimrezept kannte niemand. Aber: „Es gibt viele Ansätze, die bisher noch nicht in die Diskussion eingeflossen sind“, will Krautwaschl (Grüne) die politische Debatte über den Ausbau der A 9 weiterhin beleben. Das Feld ist sehr breit, Prutsch nannte Kommunalsteuerverbände, um den Kampf um Ansiedelungen zu entschärfen. Fellendorf sprach noch den Güterverkehr an: „Der verlagert sich von der Bahn weg.“