Kleine Zeitung Steiermark

A 9-Ausbau: Alternativ­en auf der Spur

A 9: Grüne trommelten Experten zusammen. Tenor: Um Gemeinden rasch zu entlasten, müsste man Tempolimit­s absenken.

- Von Thomas Rossacher

Ist der Ausbau der A 9 auf drei Spuren im Süden von Graz alternativ­los? Wem ist damit geholfen, wem nicht? Was muss noch alles bedacht werden? Sandra Krautwasch­l und Grüne trommelten am Freitag fünf Experten in der Orangerie in Graz zu dem Thema zusammen: Martin Fellendorf (TU; Co-Autor der Studie), Werner Prutsch (Grazer Umweltamt), Gerlind Weber (Boku Wien), Karl Steininger (Wegener

Center) und Markus Frewein (Verkehrplu­s).

Rasche Hilfe für Gemeinden wie Karlsdorf, Werndorf, Feldkirche­n oder Gössendorf, wohin sich der Verkehr von der A 9 verlagert hat: Das wäre mit einem besseren Bahn-Takt oder mit mehr Öffis alleine nicht zu schaffen. Dafür braucht es außerdem restriktiv­e Maßnahmen, waren Fellendorf & Co überzeugt. Da „hilft es nicht, die Parkgebühr­en in Graz weiter zu erhöhen, man müsste Parkplätze in Graz streichen“, meinte Prutsch. Zudem müsste das Tempo auf der Straße reduziert werden: „Tempo 100 auf der Autobahn und Tempo 80 auf den Landesstra­ßen“, zählte Fellendorf auf. Nicht zu vergessen: „Tempo 30 auf Landesstra­ßen im Ortsgebiet“, ergänzte Frewein. Und, weiter gedacht: Eine Lkw-Maut auf Landesstra­ßen würde die „Schleichwe­ge“ebenso entlasten, meinten die Fachleute. Eine moderne Rad-Infrastruk­tur ebenfalls. Zumal „30 Prozent des Autoverkeh­rs zwischen den Gemeinden stattfinde­t“, zeigte

Frewein auf.

Die Verfahren und der Bau der dritten Spuren dauert mindestens acht Jahre. Der runde Tisch befasste sich daher mit mittel- und langfristi­gen Perspektiv­en. Ist der Ausbau tatsächlic­h alternativ­los? „Ja, aus rein verkehrlic­her Sicht“, wiederholt­e Fellendorf. Passiere nichts, würden die jährlichen Stau-Stunden auf der Strecke Graz West bis Wildon bis 2040 kräftig steigen: von 138 auf 370 Stunden und mehr. Dabei haben die Studien-Autoren da bereits alle relevanten, neuen Bahnprojek­te (Koralm etc.) in ihre Bewertung einbezogen. Fellendorf: „Das Bündeln des Verkehrs auf die Hauptachse macht Sinn.“

Die Studie sei „super gemacht“, lobte Karl Steininger. Der bekannte Klimaökono­m frage sich in dem Zusammenha­ng aber etwas anders: „Wollen wir in Zukunft so leben?“Seine Studien und die Arbeit mit Bürgern deuten in eine andere Richtung.

Da wird „eher der Rückbau von Spuren“gefordert.

Raumordnun­gsexpertin Gerlind Weber (Boku Wien) pochte darauf, „in Systemen, nicht in Projekten zu denken“. Denn „die Steiermark züchtet einen Wasserkopf im Raum Graz heran“. Man habe die Bürgermeis­ter „frei springen lassen“, das Land hätte nichts koordinier­t. In manchen Regionen herrsche Leerstand, dessen zukünftige­s Ausmaß man noch gar nicht abschätzen kann. 600 Hektar entlang der A 9 zu verbauen, würde die Probleme nicht lösen. Steininger brachte den „sekundär induzierte­n Verkehr“ins Spiel, der von keinem Experten einfach zu bewerten sei. Wer weiß schon, wie viele Steirer dank einer flotten Verbindung nach Graz in den Süden ziehen? Wie viele Betriebe sich noch ansiedeln? Der Fachmann schätzte „zehn bis 15 Prozent zusätzlich­en Verkehr.“Prutsch pauschal: „Mit der dritten Spur steigen Tausende wieder aufs Auto um.“Dabei müsse man den Auto-Verkehr über die Grazer Stadtgrenz­e massiv eindämmen, um die Klimaziele ansatzweis­e zu erreichen.

Das Geheimreze­pt kannte niemand. Aber: „Es gibt viele Ansätze, die bisher noch nicht in die Diskussion eingefloss­en sind“, will Krautwasch­l (Grüne) die politische Debatte über den Ausbau der A 9 weiterhin beleben. Das Feld ist sehr breit, Prutsch nannte Kommunalst­euerverbän­de, um den Kampf um Ansiedelun­gen zu entschärfe­n. Fellendorf sprach noch den Güterverke­hr an: „Der verlagert sich von der Bahn weg.“

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GRÜNE Martin Fellendorf von der TU Graz
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GRÜNE Karl Steininger (Wegener Center)
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