42 Ausschlüsse wegen Gewalt an Schulen
Auch Volksschulen schon betroffen: Land präsentiert Maßnahmen gegen Gewalt und Radikalisierung. Lehrer wünschen sich mehr.
Die „ultima ratio“der Suspendierung wird nur ausgesprochen, wenn laut Gesetz „Gefahr in Verzug“ist. Allein in diesem Semester gab es schon 41 Ausschlüsse, 73 waren es vergangenes Schuljahr (vor drei Jahren waren es noch 23).
Seit dem Ausbruch des Nahostkonflikts rückt die Gewalt an Schulen in den Fokus. Der Direktor einer Grazer Mittelschule meint, sie habe „auch davor schon“existiert. „Der Auslöser war der Nahostkonflikt, aber es geht nicht nur um religiöse Radikalisierung“, sagt Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) und nimmt Bezug auf den aktuellen Fall in Kärnten, wo Schüler eine Nazi-Hinrichtungsszene im Klassenzimmer nachspielten.
Am präsentesten sei das Problem in Mittelschulen im Zentralraum (Graz, GU), so Martin Kremser von der Bildungsdirektion. Aber auch an Volksschulen sei es „massiv“. Neben radikalen Tendenzen schockiere die Gewaltbereitschaft (Kremser: „Stühle und Sessel fliegen durchs Klassenzimmer“), auch sexuelle Verstöße, wie das Versenden von Nacktbildern, würden steigen. Amon versprach im Oktober Maßnahmen, um „kein Kind zurückzulassen“. Diese sollen nun umgesetzt werden:
Leitfaden. Einerseits wurde ein 30-seitiger Leitfaden erstellt, der „in den nächsten Tagen an alle Schulen verschickt wird“, sagt Amon gestern. Damit soll Lehrkräften ein Werkzeug in die Hand gelegt werden.
Förderunterricht. Gleichzeitig wird ein Förderunterricht (Fokus auf Wertevermittlung oder interkulturelles Lernen) etabliert, der für Schülerinnen und Schüler bei Bedarf verpflichtend wird. Amon: „Der Unterricht kann in Einzel- oder Kleingruppensettings, außerhalb des Klassenverbandes und in geblockter Form stattfinden.“
Koordinationsstelle. An der Bildungsdirektion wird eine neue Koordinationsstelle für Gewaltund Extremismusprävention geschaffen. Diese soll beim Förderunterricht oder der Suspendierungsbegleitung beraten.
Kriseninterventionsteam. Sobald ein akuter Vorfall eine Sus
pendierung verlangt (über einen Antrag muss die Bildungsdirektion innerhalb von zwei Tagen entscheiden), rückt ein mobiles, schulisches Kriseninterventionsteam aus. Dieses kann die Schule einfach über die neue Koordinationsstelle anfordern. Das mobile Team – speziell für Extremismusfälle gedacht –, ist in dieser Form neu. Auch eine Hotline für Schulen soll folgen.
Suspendierungsbegleitung. Bisher wurden Suspendierungen nicht begleitet, das ändert sich. Damit Kinder während dieser Auszeit nicht in ihrer PeerGroup verhaften (die oft das Problem verstärkt), sollen sie außerschulisch mithilfe des mobilen Krisenteams sowie Vereinen begleitet werden. „Die Wiedereingliederung ist eine herausfordernde Aufgabe“, so Amon.
Sozialarbeit. Bisher wurde von zehn erweiterten Stellen gesprochen, nun will man in der Schulsozialarbeit aber um 23 zusätzliche Stellen aufstocken.
Aus der Direktion einer Volksschule heißt es zu den Maßnahmen: „Ich kann das Wort Leitfaden nicht mehr hören. Damit wird wieder alles uns Lehrern überstellt. Das ist nicht die Hilfe, die wir brauchen.“Man bräuchte eine noch viel stärkere Schulsozialarbeit und „mehr Handhabe gegenüber den Eltern der betroffenen Kinder, damit sich wirklich etwas ändert.“
FPÖ-Bildungssprecher Stefan Hermann kritisiert: „Das Paket kommt zu spät und ist nicht umfassend genug.“