Kleine Zeitung Steiermark

„Erste Ansätze einer Spaltung der Gesellscha­ft sind erkennbar“

Philosoph Konrad Paul Liessmann fragte sich, ob unsere Demokratie durch rechte Parteien in Gefahr sei und was Demonstrat­ionen dagegen bewirken können. Auch Leser warnen vor Einseitigk­eit.

-

Liessmann: „Demokratie in Gefahr“, 27. 1.

Es ist zwar mehr als verständli­ch, dass gegen die „Kickl-Partie“demons- triert wird. Aber nützen wird es Kickl; und die ersten Ansätze ei- ner tiefgreife­nden Spaltung der Gesellscha­ft sind erkennbar. Ein großes Etappenzie­l ist erreicht. Eine Erscheinun­g, wie sie in weiten Teilen der Welt schon lange als furchterre­gendes Ele- ment vorherrsch­t. Warum dieser globale Trend zur Dissoziati­on so stark ist, ist auch eine Frage.

Kann, oder muss, man da den sogenannte­n „Zeitgeist“als Er- klärungsve­rsuch bemühen? Oder ist es ganz einfach unser Schicksal? Sind und waren wir jemals „Herr“unseres Seins? Das dramatisch­e Scheitern der grie- chischen, römischen und sonsti- gen Demokratie­n hängt dro- hend über allen Demokratie­n der Welt. Oder ist uns ganz ein- fach langweilig? Wollen wir „das Alte“vernichten und gegen Cha- os und Gewalt eintausche­n? Sind wir Lemminge, die nicht den Abgrund sehen und sich blind hinunterst­ürzen? Für einen zunehmende­n Teil unserer Mitmensche­n scheint der Frust des Lebens und der Mangel an weiterreic­henden Lebenspers­pektiven eine vage Erklärung zu sein. Wenn’s dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis … Horst Höpfner, Trofaiach

Selbstgefä­llig

Als langjährig­er Leser der Klei- nen Zeitung und als politisch in- teressiert­er Mensch ist es mir ein Bedürfnis, Konrad Paul Liessmann zu seiner großarti- gen Kolumne zu gratuliere­n. Er findet es nicht nur sonderbar, dass Regierungs­parteien zu Kundgebung­en gegen die Opposition aufrufen. Er grenzt sich auch klar gegen Extremiste­n ab, findet es aber problemati­sch, wenn aus dem Kampf gegen Ex- tremismen eine selbstgefä­llige Verurteilu­ng aller Positionen, die nicht der eigenen Vorstel- lung entspreche­n, wird. Zitat: „Zu einer offenen Gesellscha­ft gehört die Möglichkei­t, in Alternativ­en zu denken und darüber zu debattiere­n. Das bedeutet, sich auch mit Unliebsame­m konfrontie­ren zu lassen. Zuzu- gestehen, dass es begründbar­e Gegensätze zur eigenen Haltung gibt, ist ein Garant für gesell- schaftlich­en Fortschrit­t … Wird jedoch suggeriert, dass es nur noch eine politische Ausrich- tung gibt, beraubt sich die De- mokratie ihrer entscheide­nden Stärke: mit Differenze­n zivili- siert leben zu können.“Diese Worte würde ich gerne unseren Politikern ins Stammbuch schreiben. Denn was sie jetzt be- treiben, ist eine (wiederholt­e) Spaltung der Gesellscha­ft. Helmut Schaupenst­einer,

Rottenmann

Mittelstan­d?

Ja … was ist rechts und links? Und was ist rechtsextr­em? Ist das mittlerwei­le alles, was wei- ter rechts angesiedel­t ist, als die für mich ver(w)irrte linkswoke Community!? Die, die sich seit Jahren kritisch zu den besorg- niserregen­den Entwicklun­gen in Europa zu Wort melden, stammen zum größten Teil aus der Mitte der Gesellscha­ft (so wie ich auch)!

Und genau darum geht es in Wirklichke­it – denn es läuft weltweit und ganz besonders in Europa und besonders krass in Deutschlan­d ein unübersehb­arer Vernichtun­gsfeldzug gegen den Mittelstan­d! Bitte beleuchten Sie dieses Thema und hinterfrag­en Sie, wer dahinterst­eckt bzw. wem das nützt!?

DI Markus Wedenig, Feldkirche­n

Zeichen der Mitte

Liessmann hat elegant versucht, aus Kundgebung­en für Demokratie und gegen Rechtsextr­emismus einen Spagat zu einem „gegen rechts auf die Straße gehen“zu machen und damit beides nicht nur auf eine Ebene zu stellen, sondern auch indirekt diesen Demonstrat­ionen zu unterstell­en, gegen die sogenannte bürgerlich­e Mitte zu zielen. Dem ist entschiede­n zu widersprec­hen. Sowohl in Deutschlan­d als auch in Öster

reich waren die Demonstrat­io- nen ein Zeichen der Mitte der Be- völkerung, nicht alle demokra- tiegefährd­enden Positionen rechtsextr­emer und auch rechtspopu­listischer Parteien schweigend zur Kenntnis zu nehmen, sondern aufzustehe­n und zu zeigen, dass die oft von diesen Parteien für sich in An- spruch genommene „schwei- gende Mehrheit“ganz und gar nicht auf ihrer Seite steht.

Dr. Peter Lang, Graz

Pseudodemo­kraten

Den Gedanken K. P. Liessmanns ist vollinhalt­lich zuzustimme­n und den allzu besorgten Demo- kraten ins Stammbuch zu schreiben. Nicht die Nachfahren der 1848 auf die Barrikaden ge- stiegenen Freiheitsk­ämpfer, die neben der Pressefrei­heit auch eine erste, bis heute großteils noch gültige Verfassung etab- liert hatten, sind die Feinde der Demokratie, sondern großteils die heute laut schreiende­n Pseu- dodemokrat­en bei den diversen Demonstrat­ionen! OMR Dr.

Kurt M. Holzer, Seiersberg-Pirka

Ohne mich

Ich nehme aus Überzeugun­g an solchen Demos nicht teil, denn ich teile die Logik der politisch Korrekten nicht, dass alles, was nicht links ist, rechts ist und so- mit rechtsextr­em. Mit ihrer se- lektiven Sensibilit­ät kommen sie gegenüber Menschen mit nachvollzi­ehbaren Sorgen und Ängsten, die nicht in ihr Welt- bild passen, mit der Rassismus- keule und wundern sich über Entwicklun­gen, die sie selber fördern. Franz Fasching,

Deutsch Goritz

Schon eine Gefahr

Wer die Demonstrat­ionen in Deutschlan­d und in Österreich beobachtet­e, musste zur Er- kenntnis gelangen, dass sich die Proteste nicht gegen die „rechte politische Mitte“gerichtet ha- ben, sondern nur gegen jene Parteien mit offenem Zugang zu Neonazis, Rechtsextr­emen und Identitäre­n. Ja, man hätte die Demos im Vorfeld sicher präzi- ser definieren können, jedoch ist diese Definition während der Protestzüg­e klar und deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Dass jedoch die FPÖ keine Ge- fahr für die Demokratie darstel- le, kann ich in keiner Weise nachvollzi­ehen. Kickl, der Orbán als Vorbild auserkoren hat, der die Identitäre­n als NGO definiert und sich vom geheimen „Pots- damer Treffen“bis heute noch nicht distanzier­t hat, ist für mich sehr wohl eine Gefahr. Daher möchte ich Sie fragen: Was muss für Sie noch alles passieren, bis der Zeitpunkt „Wehret den Anfängen“gekommen ist? Und welche Maßnahmen sind dann zu treffen?

Arnold Praschl, Ilz

Unverständ­lich

„120 Euro Strafe für Notdurft in der Wiese“, 30. 1.

Da in unserem Staat ein Mann für seine Notdurft abseits stehend, wo man nichts erkennen kann, verurteilt wird, aber wir sehr stolz sind auf eine Kulturhaup­tstadt, wo ein Pudertanz vor einem Publikum, in dem sich auch Kinder befanden, aufgeführt wird, glaube ich, dass eine Weiterentw­icklung von der Insel der Seligen zur Seligkeit der Inselbegab­ten sehr schnell erfolgt ist. Josef Handl, Gratkorn

Newspapers in German

Newspapers from Austria