Eine Markthälfte für Öffi-Medien
Sie ist ein wenig kleiner geworden, aber die Gesamtquote des ORF lag 2023 immer noch über einem Drittel: Ein solcher TV-Marktanteil ist das strategische
Ziel. Der öffentlich-rechtliche Anbieter macht mit einer Milliarde Euro zweieinhalb Mal so viel Jahresumsatz wie der stärkste private, die Mediaprint von „Krone“und „Kurier“. Die Schweizer SRG ist 50 Prozent größer als der ORF, liegt aber auch nur so viel vor der Nr. 2, der am Wiener Gratistitel „Heute“beteiligten TX Group. In Deutschland ist der private Marktführer Bertelsmann mit 18 Milliarden gar dreimal so stark wie der Medien-Öffi-Verbund ARD.
Im Publikumsmarkt für Fernsehen jedoch herrschen letztlich sehr ähnliche Verhältnisse. Der öffentlichrechtliche Anteil beträgt im deutschsprachigen Raum überall rund 50 Prozent. Hauptursache dafür ist die Auslandsstärke von Das Erste und ZDF. Das Zweite Deutsche Fernsehen ist daheim seit zwölf Jahren Erster (zuletzt mit 14,5:12,2 Prozent), gemeinsam kommen sie in Österreich auf fast acht, in der Schweiz gar auf rund zwölf Prozent. Das ZDF erzielt hierzulande eine höhere Quote als ServusTV, Das Erste liegt immerhin noch vor allen anderen Austro-Privatsendern. 3sat, Arte, Kinderkanal und die dritten Programme der ARD – von BR bis NDR – vollenden den öffentlich-rechtlichen Hälfte-Anteil. Die ganzheitliche Betrachtung relativiert existentielle Bedrohungsszenarien der nun durchwegs per Haushaltsabgabe gespeisten Sender. Das ist dem ORF so bewusst, dass er den Marktanteil von ORF
III (2,8 %) verschweigt: Bloß keine schlafenden Hunde wecken.
Die private Konkurrenz fühlt sich seit seinem neuen Gesetz benachteiligter denn je. Doch sie beackert Zukunftsfelder. Oe24 lässt Qualität vermissen, war aber 2016 der erste 24-Stunden-NewsKanal, Puls24 folgte 2019. Gemeinsam mit n-tv kommen sie auf 2,6 Prozent Marktanteil. Das ist halb so viel wie für sechs 24-h-Nachrichtensender in Deutschland, von denen vier öffentlich-rechtlich sind. Bild TV, das seit
2021 dagegen halten wollte, gibt auf. Es hat das angepeilte Quotenprozent, ab dem laut Faustregel die Wirtschaftlichkeit winkt, nur zu einem Fünftel erreicht. Oe24 aber liegt knapp darüber, Puls 24 nur knapp darunter.
Der globale Digital News Report sieht Österreichs größtes Nachholpotenzial in solchen Programmen. Sie dienen hier erst zu vier Prozent als Hauptnachrichtenquelle, in Europa liegt der Wert dreimal so hoch. Eine konsequentere derartige Spartenpositionierung von ORF III läge also auf der Hand – so wie ein daraus entstehender neuer Konflikt mit den Privaten wegen weiterer Wettbewerbsverzerrung.