Kleine Zeitung Steiermark

Februarkäm­pfe: Als die Demokratie zerstört wurde

Wie es zu den Ereignisse­n 1934 kam und was folgte, zeigt eine Ausstellun­g im Museum für Geschichte Graz.

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Zeitgeschi­chte-Doyen Helmut Konrad hat schon viele Gedenkjahr­e zu den FebruarKäm­pfen 1934 erlebt. „Diese Jubiläen waren oft Pflichtübu­ngen – aber heuer nicht. Diesmal gibt es Bedrohungs­szenarien und Ähnlichkei­ten mit den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren.“Konrad sagt bewusst „Ähnlichkei­ten“, nicht Parallelen. „Geschichte wiederholt sich ja nicht, höchstens als Farce. Aber auch die Farce, die droht, wäre schlimm genug.“

Eine neue Ausstellun­g im „Museum für Geschichte“in Graz (7. Februar bis 26. Mai) beschäftig­t sich unter dem Titel „1934. Preis und Wert der Demokratie“mit dem Kampf um und die darauffolg­ende Zerstörung der Demokratie in Österreich, mit Schwerpunk­t Steiermark und Graz. Ab 1933 wurde durch faschistis­ch-autoritäre Kräfte unter Engelbert Dollfuß die Demokratie abgeschaff­t, im Februar 1934 kam es zu Kämpfen zwischen dem sozialisti­schen Schutzbund und den Heimwehren der Konservati­ven. „Das war kein Bürgerkrie­g, eher eine Art verzweifel­te Notwehr“, sagt Historiker Heimo Halbrainer, der mit Konrad für die Ausstellun­g verantwort­lich zeichnet. Mindestens 60 Menschen sind damals gestorben.

Die kompakte Ausstellun­g beginnt mit dem Zerfall der Habsburger-Monarchie 1918 und der Etablierun­g der Demokratie. „Es gab aber von Anfang an auch den Kampf gegen die Demokratie“, so Halbrainer. „Die politische Auseinande­rsetzung wurde oft auf der Straße ausgetrage­n, es gab kaum ein Jahr ohne Tote.“Dazu verschärft­e sich die wirtschaft­liche und soziale Lage, die zur Eskalation beitrug. „Bei einer Geldentwer­tung von 1 zu 40.000, da spart man auf ein Auto und kann sich am Ende damit eine Semmel kaufen“, erklärt Konrad.

Der Zeithistor­iker und frühere Rektor der Uni Graz sieht, dass auch heute „die politische Auseinande­rsetzung auf Basis der demokratis­chen Spielregel­n nicht mehr selbstvers­tändlich ist. Da geht es um Fragen der Ausgrenzun­g, der Gewaltente­ilung, der Pressefrei­heit.“Es sind „die schnellen, harten, direkten Sprüche, die einfache Lösungen verspreche­n“, die ihm Sorgen machen. „Demokratie ist nie einfach.“

Die Ausstellun­g stellt nicht die Schuldfrag­e. „Wir wollen nachzeichn­en und verstehen, wie es zu den Entwicklun­gen damals gekommen ist“, sagt Konrad. Entwicklun­gen, die am Ende zum Nationalso­zialismus und zum Zweiten Weltkrieg geführt haben. Interessie­rte können dann einen Stock höher gehen und nahtlos zur Ausstellun­g „Warum? Der Nationalso­zialismus in der Steiermark“wechseln.

Gerald Winter-Pölsler

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UMJ/J.J.KUCEK Die Köpfe hinter der Ausstellun­g: Heimo Halbrainer, Bettina HabsburgLo­thringen und Helmut Konrad

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