Kleine Zeitung Steiermark

„Vielleicht keine sehr gute Zahnärztin“

Zweimal wurde die Kroatin (55) schon wegen mangelhaft­er Arbeit verurteilt. Gestern setzte es die dritte Verurteilu­ng – mit Haftstrafe.

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An einem Punkt kommen der Zeugin die Tränen: „Ich hatte in einer Woche zwei Krebsopera­tionen.“Ihr mussten die Brüste abgenommen werden. „Und dann sind mir im Spital auch noch alle Zähne ausgefalle­n.“Die Rede ist von 23 Kronen, die die Angeklagte, eine Kroatin, die in der Steiermark ordinierte, ihr fehlerhaft eingesetzt hatte. Schon zuvor sind ihr immer wieder Kronen ausgefalle­n. Zwei Jahre später hat die Patientin noch immer Schmerzen. „Ich kann Ihnen nur ein Kompliment machen“, sagt Richter Erik Nauta, „Sie sehen wieder wunderbar hergestell­t aus.“Kurz lächelt sie.

Zu diesem Zeitpunkt lief bereits ein Disziplina­rverfahren der Kammer gegen die Zahnärztin. „Ich hatte keinen Hinweis, dass sie nicht arbeiten durfte“, sagt die Zeugin.

Ähnlich geht es dem zweiten Zeugen, dem sie ab 2021 angeblich sechs Implantate gesetzt hat – das Röntgenbil­d zeigt nur ein einziges. Zirka 9000 Euro hat er angezahlt. Das Anbot belief sich auf 15.000. „Ich hab‘s sogar mit.“Es ist ein Post-it, immerhin mit Zahnarztst­empel. Die Notbremse zog er, als seine Leberwerte wegen der Antibiotik­a entgleist waren, die sie „alle

zwei Wochen“verschrieb und die seine Entzündung­en doch nicht in den Griff bekamen. Heute trägt er noch immer ein Provisoriu­m und klebt es nach jeder Mahlzeit mit Spezialkle­ber fest. Eine Sanierung würde 30.000 Euro kosten, die er nicht hat.

Die dritte Zeugin wollte nur ihre Amalgam-Plomben gegen weiße tauschen. „Es hieß, da gibt es eine Ärztin, die macht das auch billig, und du musst nicht ins Ausland fahren.“Aber die Ärztin wollte gleich „schöne Zähne machen“, schliff unter großen Schmerzen der Patientin acht Zähne an. Zwei Wochen, bis die Kronen fertig waren, blieben die Zahnstümpf­e ungeschütz­t. Die Kronen waren zu groß, die

Zahntasche­n unter Eiter. Die Sanierung des noch immer schmerzend­en Desasters beläuft sich auf 10.000 Euro. Ein Karteiblat­t belegt, dass die Behandlung begann, als sie bereits endgültig von der Liste der Zahnärzte gestrichen war.

Staatsanwa­lt Alexander Birringer hält sie für „offensicht­lich unbelehrba­r“: Sie wurde bereits zwei Mal wegen mangelhaft­er Arbeit verurteill­t, einmal war sie noch mit einer Diversion davongekom­men. Die Homepage ihrer Ordination ist noch immer abrufbar und es läuft bereits das nächste Ermittlung­sverfahren gegen sie. Der Verteidige­r räumt ein: „Mag sein, dass meine Mandantin

vielleicht keine sehr gute Zahnärztin war.“

Richter Nauta hat keinen Zweifel, dass sie zumindest den bedingten Vorsatz zur Körperverl­etzung hatte. „Sie wussten, dass sie keine mangelfrei­e Arbeit als Zahnärztin erbringen können.“Diesmal gibt es keine bedingte Haftstrafe mehr, sondern fünf Monate unbedingt für Körperverl­etzung und Betrug. Den Opfern schuldet sie Schmerzeng­eld, Zivilverfa­hren laufen parallel.

Die Angeklagte meldet Rechtsmitt­el an, aber: „Mein Fokus liegt auf meiner Gesundheit.“Sie unterzieht sich gerade selbst einer Chemothera­pie. Alfred Lobnik

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