Hercog nimmt Kurs auf die fünf Ringe
Der Grazer Jan Hercog wird nach Platz 16 im Open-Water-Bewerb der WM Österreichs erster Freiwasser-Athlet bei Olympia sein.
Wer zehn Kilometer im Wettkampftempo schwimmt und dabei fremde Füße ins eigene Gesicht bekommt, muss nicht nur ausdauernd sein, sondern auch einstecken können. Eine besondere Form der Ausdauer musste Jan Hercog aber nach dem Freiwasser-Schwimmen bei der WM in Doha beweisen. Denn ob sein 16. Platz als Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris genügt, war nicht sofort klar. OSVSportdirektor Walter Bär machte sich prompt an die Recherche: „Für uns ist es fix. Ich habe es mehrfach geprüft, da kann eigentlich nichts mehr passieren“, sagte er, während Hercog gestand: „Auf die Bestätigung zu warten, ist eine Qual.“
Am Morgen danach saß er deutlich entspannter beim Frühstück. „Es ist fix. Es kann nichts mehr passieren“, sagte der in Halle an der Saale lebende Grazer. Dass er nach Worten rang, lag nicht am Nutellabrot. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich habe es geschafft. Das Gefühl ist unbeschreiblich und ich freue mich, dass ich auf Olympia hintrainieren darf.“Nationalteam-Trainer Stefan Ehgartner, der ebenfalls aus Graz ist und Hercog zu den Wettkämpfen begleitet, ordnet das Geschehene ein: „Er ist der erste Österreicher, der es im Freiwasserschwimmen zu Olympia geschafft hat. Und das nicht nur bei der letzten Gelegenheit, sondern bei der einzigen.“
Hercog war am Tag X bereit. Der Wettkampf im „Old Doha Port“, war, erzählt er, „richtig hart“. Es gab viele „Prügeleien“, Hercog kam aber gut mit der Führungsgruppe mit. Ehgartner und er hatten sich vor dem Rennen eine Taktik zurechtgelegt: Auf das erste „Feeding“, also die Nahrungsaufnahme, wollte er ursprünglich verzichten, um weiter nach vor zu kommen. „Das war dann gar nicht notwendig, weil ich schon weit vorne war. Ich habe mir einfach nur gedacht: dranbleiben und reinlegen, was das Zeug hält.“So knapp war er noch nie am Führenden dran, erzählt er: „Das war das Rennen meines Lebens.“
Der 16. Platz war der letzte, der für ein Fixticket reicht, ab dem 17. wäre es komplizierter gewesen. Damit muss sich Hercog nun nicht mehr befassen. Der Olympia-Startplatz ist der wohlverdiente Lohn für Jahre voller Training und Entbehrungen. 2021 hatte er seine Zelte in Würzburg abgebrochen, nachdem Vorwürfe wegen sexuellen
Missbrauchs gegen seinen ExTrainer aufgekommen waren. Eine Zeit, die auch all dessen Athleten, wie Hercog, mental mitgenommen hat. Zwei Trainerwechsel und einige Monate später fand er seine neue Heimat in Halle an der Saale. Dort blüht er nun auf – und investiert viel. „Ich bin jeden Sonntag alleine im Schwimmbad. Außerhalb vom Wasser gehört auch viel dazu. Wir haben viel getan und probiert“, sagt Hercog, der offenbart, dass sein Nutellabrot tatsächlich Teil des Neuen ist: „Das klingt komisch. Aber wir haben uns das von einem Triathleten abgeschaut, damit funktioniere ich am besten.“
Nach der heroischen Leistung hat Sportdirektor Walter Bär dem Steirer angeboten, auf die nichtolympischen fünf Kilometer am Mittwoch verzichten zu dürfen. Doch Hercog, der am Samstag seinen 26. Geburtstag feiert, ist ein Sportsmann, auch wenn ihm die halbe Distanz nicht so liegt: „Ich bin Profi, ich will dabei sein. Ich trainiere jeden Tag acht Stunden dafür, dass ich vielleicht eine Medaille mache. Vielleicht gelingt’s am Mittwoch.“Und vielleicht auch in Paris.